Freud und Leid liegen beim Investment in Technologieaktien oft sehr nahe beieinander. In unserem Portfolio erfahren wir das derzeit am Beispiel von Arista Networks. Im Februar 2019 hatte ich den überragenden Jahresabschluß 2018 des Netzwerkausrüsters unter der Überschrift ”Arista profitiert vom Boom der Cloud-Titanen” gefeiert. Bei aller Freude hatte ich schon damals auf die aus diesem Geschäft resultierenden Risiken hingewiesen:
“Es besteht also eine erhebliche Abhängigkeit von den Cloud-Titanen als wichtigste Kunden. Natürlich ist die Konzentration von großen Umsatzanteilen bei wenigen Kunden immer ein Grund zur Besorgnis.“
Jetzt werden innerhalb von 9 Monaten zum zweiten Mal diese engen Geschäftsbeziehungen zu den Cloud-Riesen zum Problem. Arista musste die Guidance für das 4. Quartal 2019 und den Ausblick auf 2020 deutlich senken. Die Arista Aktie erlebte einen regelrechten Crash. Von den Höchstkursen im April 2019 hat die Arista Aktie mittlerweile 40 Prozent verloren.
Grund für uns, sehr genau zu analysieren, wie wir mit der Arista Position in unserem Portfolio weiter umgehen sollten.
Aber bevor ich genauer auf die Ursache des aktuelle Kurssturzes eingehe, möchte ich kurz die Geschäftsentwicklung in den ersten 9 Monaten 2019 zusammenfassen.
Inhaltsverzeichnis
Sehr gute Ergebnisse in den ersten 9 Monaten 2019
Zunächst gilt es festzuhalten, dass Arista bisher auch in 2019 eine herausragende Kombination aus Wachstum und Profitabilität hingelegt hat:
- In den ersten 9 Monaten 2019 ist der Umsatz um 19 Prozent auf $1,86 Milliarden gewachsen (im Q3 noch 16 Prozent). Das ist allerdings eine deutliche Verlangsamung des Wachstums gegenüber 2018. Damals war der Umsatz noch um 30 Prozent gestiegen.
- Der operative Gewinn wurde von Januar bis September 2019 überproportional um 30 Prozent gesteigert (bereinigt um die Vergleichszahlungen wegen der Patentstreitigkeiten mit Cisco in 2018) und beträgt $630 Millionen. Das entspricht einer operativen Marge von 34 Prozent. Auch im Q3 wuchs der operative Gewinn um 24 Prozent bei einer Marge von 35 Prozent.
- Von Q1-Q3 wurde ein operativer Cashflow i.H.v. $636 Millionen erwirtschaftet ($269 Millionen im Q3).
- Unterm Strich hat man von Januar bis September bereits ein Ergebnis pro Aktie von 7,38$ erzielt.
Aber an der Börse wird bekanntlich die Zukunft gehandelt, und die sieht zumindest kurzfristig nicht ganz so rosig aus mit Blick auf die weiteren Wachstumsaussichten bei Arista Networks.
Arista Aktie Kurssturz – Schwache Guidance für das Q4 2019
Das Unternehmen hat eine sehr schwache Guidance für das laufende 4. Quartal 2019 abgegeben: Der Umsatz im Q4 soll circa $550 Millionen betragen, das wäre ein Umsatzrückgang von -8 Prozent gegenüber dem sehr starken Vorjahresquartal. Insgesamt ergäbe das dann für 2019 einen Umsatz von $2,41 Milliarden gegenüber $2,15 Milliarden im Vorjahr (+12 Prozent).
Das ist dann schon eine drastische Verlangsamung gegenüber 2017 (+45 Prozent) und 2018 (+30 Prozent). Für 2020 hat man noch keine Guidance ausgegeben, aber man hat angedeutet, dass das Wachstum mit den Cloud-Titanen schwach bleiben wird, so dass voraussichtlich insgesamt nur noch mit einem einstelligen Umsatzzuwachs zu rechnen ist.
Die Abhängigkeit von den Cloud-Titanen
Mit dieser schwachen Guidance für Q4 wurden alle Analysten auf dem falschen Fuß erwischt. Sie mussten reihenweise ihre Kursziele anpassen. Die Abhängigkeit von den Cloud-Riesen ist leider noch größer als gedacht. Arista hatte bei Vorlage des letzten Jahresabschlusses offen darüber berichtet, dass der Umsatzanteil von Microsoft in 2018 27 Prozent betragen hatte und die Cloud-Riesen insgesamt die wichtigste Kundengruppe sind.
Aber es wurde leider niemals offen kommuniziert, wie hoch der Umsatzanteil dieser Kunden insgesamt ist. Immerhin hat man jetzt offenbart, dass in 2019 nur 2 Kunden einen Umsatzanteil von über 10 Prozent haben werden: neben Microsoft ist das Facebook.
Daher gehen mittlerweile die meisten Unternehmensbeobachter davon aus, dass es ausgerechnet Facebook ist, die mit ihrer Beschaffungspolitik die aktuelle Umsatzschwäche im Q4 verursacht haben. Offiziell bestätigt ist das nicht, man weiss lediglich, dass einer der Cloud-Titanen seine Infrastruktur langsamer erneuert als bisher geplant und Großaufträge an Arista für diese Modernisierung verschoben werden. Es ist keine Rede davon, dass dieser Kunde (Facebook oder doch eher AWS?) seine Geschäftsbeziehungen zu Arista insgesamt reduzieren oder gar beenden würde oder dass sich die Wettbewerbsposition von Arista in diesem Markt verschlechtert hätte.
Entsprechende Nachfragen der Analysten wurden vom Arista Management klar verneint. Investieren ist zu einem großen Teil Vertrauenssache. Ich habe großes Vertrauen in diese Führungsmannschaft rund um Jayshree Ullal und Andreas von Bechtolsheim und sehe keinen Grund an ihren Aussagen zu zweifeln.
Es sieht derzeit so aus, dass der größte Geschäftsbereich (das Ausrüstungsgeschäft mit den Cloud-Titanen) in 2020 nicht weiter wachsen wird, da die Cloud-Provider weniger in neue Netzwerkkomponenten investieren als bisher erwartet worden war. Alte Server werden länger genutzt, da sie offenbar noch gut genug sind für bestehende Cloud-Applikationen und den in der Public Cloud entstehenden Netzwerkverkehr. Soll heißen: die Bäume wachsen auch im Cloud-Business nicht in den Himmel.
Auch ich würde mir für die Zukunft eine granularere Berichterstattung zu den einzelnen Kundensegmenten und Geschäftsbereichen wünschen. Das würde Klarheit zu Stärken und Schwächen schaffen und und wilde Spekulationen ersparen. Allerdings muss man auch verstehen, dass das Arista Management möglichst wenig dieser Stärken und Schwächen gegenüber dem Wettbewerb offenbaren möchte. Deswegen gehört diese Geheimniskrämerei gerade im Großkunden-Business zum Geschäft.
Arista ist und bleibt Technologieführer
Die Tech-Analysten von Gartner haben Aristas Technologieführerschaft in ihrem aktuellen “Magic Quadrant für Data Center Networking” nochmals bestätigt. Vor allem in der „Completeness of Vision“ liegt Arista nach Einschätzung von Gartner weit vor den beiden anderen Marktführern Cisco und Juniper Networks.
Auch der langfristige Trend, Marktanteile gegenüber dem Platzhirsch Cisco zu gewinnen, ist uneingeschränkt intakt. Nach Schätzungen von Gartner ist Arista auch im Jahr 2018 zwei- bis dreimal so schnell wie der Markt gewachsen und hat damit Marktanteile hinzugewonnen.
Diese Einschätzung wird auch in einer Studie von Crehan Research bestätigt.
Fortschritte bei der Umsatz-Diversifikation
In der Aufregung um die Senkung der Guidance sind die guten Nachrichten aus dem operativen Geschäft völlig untergegangen. Dabei gibt es die durchaus gerade bezüglich der dringend notwendigen Diversifikation der Umsatzquellen.
Im Q3 2019 wurde eine Rekordzahl an Neukunden gewonnen. Derzeit gewinnt Arista nach Aussage der CEO täglich 1-2 Neukunden hinzu. Das ist bemerkenswert für ein bisher auf das Großkundengeschäft aufgestelltes Unternehmen wie Arista.
Zurückzuführen ist diese positive Neukundenentwicklung wohl auf den gerade erst erfolgten Markteintritt in den Markt für High-End WiFi (Cognitive Campus). Die im Vorjahr zugekauften Produkte von Mojo Networks (siehe dazu unseren Beitrag zur Arista Aktie vom August 2018) sind nun in das Arista Netzwerkbetriebssystem EOS beziehungsweise die CloudVision User Experience integriert. Arista kann nunmehr Netzwerk-Komponenten nicht nur für Rechenzentren, sondern auch für WLANs in größeren Organisationen anbieten – und zwar alles unter einer gemeinsamen Verwaltung.
Der neue WiFi-Geschäftsbereich soll einen Umsatz im ersten Jahr von $100 Millionen generieren. Nur ein Quartal nach dem Vertriebsstart dieser “Cognitive Campus” Produktlinie zeigt sich, dass das neue Geschäftsfeld vor allem für die Neukundengewinnung sehr wichtig werden kann. Denn schon jetzt sind 50 Prozent der Kunden, die diese neuen Produkte kaufen, Neukunden für Arista. Das ist auch für das Arista Management eine positive Überraschung: denn man hatte im ersten Jahr mit einem 80 Prozent Anteil an Bestandskunden gerechnet.
Jeder der schon mal komplexe B2B-Produkte verkauft hat weiss, dass Neukunden nicht nur besonders schwierig zu gewinnen, sondern auch besonders wichtig für die zukünftigen Umsätze eines Tech-Unternehmens sind (Land+Expand). Von den Analysten wurde diese positiven Neuigkeiten komplett ignoriert – ich hingegen bin nun noch optimistischer, dass das WiFi-Geschäft im Laufe der nächsten Jahre zu einem zusätzlichen Wachstumsmotor für Arista entwickelt werden kann.
Arista ist (leider) seiner Zeit voraus
Ein zweiter Grund für die kommende Delle beim Umsatzwachstum ist die schleppende Adaption der nächsten Generation von Netzwerken mit einer 400 Gigabit-Geschwindigkeit. Das Arista Management war davon ausgegangen, im zweiten Halbjahr 2019 entsprechende Aufträge für ihre 400 Gigabit-Komponenten zu bekommen. Nun wird man nennenswerte Umsätze mit diesen neuen Komponenten frühestens ein Jahr später generieren.
Manche Beobachter haben da eine Produktschwäche seitens Arista hineininterpretiert. Ich sehe das etwas anders. Die Arista 400 Gigabit Netzwerkkomponenten sind sehr wohl wie geplant verfügbar, aber ergeben für die Kunden keinen Sinn, solange nicht die unteren Schichten einer Netzwerkarchitektur (zum Beispiel die optischen Kabel) ebenfalls verfügbar sind. Das ganze Ökosystem muss passen. Arista ist davon abhängig, dass auch die Lieferanten für Fiber-Optics genügend 400 Gigabit kompatible Komponenten bereitstellen.
Das ist leider nicht der Fall, d.h. diese Update-Zyklen verschieben sich, ohne dass Arista technisch daran irgendetwas ändern könnte. Arista ist seiner Zeit voraus und die CEO musste lapidar feststellen: „Many of the optics companies forgot about compatibility“.
Ärgerlich ist diese Verzögerung vauch deswegen, weil die Konkurrenz nun ein Jahr zusätzliche Zeit hat, den Technologievorsprung von Arista zu verringern.
Aktienrückkaufprogramm wird wohl beschleunigt
Arista hatte schon im Mai 2019 bekannt gegeben, dass man beabsichtigt eigene Aktien im Wert von bis zu $1 Milliarde zurückzukaufen. Im Q2 wurden Aktien für $100 Millionen zu einem durchschnittlichen Preis von 246$ zurückgekauft. Im Q3 wurden Aktien für $115 Millionen zu einem durchschnittlichen Preis von 224$ zurückgekauft.
Ich gehe davon aus, dass das Arista Management jetzt im Q4 noch mehr Aktien zu den aktuellen Kursen deutlich unter 200$ zurückkaufen wird. Denn immerhin saß das schuldenfreie Unternehmen am 30. September immer noch auf einem Cashbestand von $1,1 Milliarden. Zur Erinnerung: pro Quartal generiert Arista derzeit mehr als $200 Millionen Cashflow.
Bewertung der Arista Aktie nach dem Kurssturz
Die Arista Aktie ist nach dem Kurssturz so günstig wie schon seit Jahren nicht mehr zu haben. Das KGV beträgt circa 18, das EV-Sales-Verhältnis weniger als 5. Das ist mit Sicherheit nicht zu viel für einen hochprofitablen Technologieführer in einem Zukunftsmarkt.
Allerdings ist die High-Growth-Story erstmal vorbei. Arista wird in 2020 erstmals wohl nur noch einstellig wachsen. Ich gehe zum jetzigen Zeitpunkt allerdings davon aus, dass Arista nach einem Übergangsjahr 2020 in 2021 das Wachstum wieder auf einen zweistelligen Wert beschleunigen kann.
Allerdings ist ein deutlicher Bewertungsabschlag gegenüber den besten SaaS-Companies durchaus gerechtfertigt, da die Abhängigkeit von den Cloud-Riesen doch wesentlich größer und die Visibilität in künftige Ergebnisse geringer als gedacht ist. Arista ist am Ende des Tages eben doch eine Hardware-Company. Auch wenn die Firma Margen verdient wie sonst nur bei Softwareunternehmen üblich.
Kurssturz der Arista Aktie – Fazit
Am langfristigen Blick auf das Unternehmen hat sich für uns nichts geändert. Arista bleibt DER Digital Leader im Bereich Netzwerkinfrastruktur. Und der Bedarf nach immer leistungsfähigeren Netzwerken wird in den kommenden Jahren weiter erheblich wachsen.
Folgerichtig planen wir, mit dem Portfolio von The Digital Leaders Fund weiterhin langfristig in der Arista Aktie investiert zu bleiben und unseren Anteil am Unternehmen bei entsprechend günstigen Einkaufspreisen weiter auszubauen.
Wenn Du die weitere Entwicklung rund um die Arista Aktie auch in Zukunft weiter gemeinsam mit uns verfolgen möchtest , dann kannst Du hier unseren kostenlosen Newsletter bestellen.
Autor
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Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.
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3 Responses
Was halten Sie von der Konkurrenz Ubiquiti Networks (NYSE: UI). Wie Arista ist dieses Unternehmen sehr stark gewachsen und auch profitabel. Hat sich da Arista mit ihrem neuen WIFI-Geschäft nicht einen sehr starken Gegner herausgesucht?
Finde das Unternehmen Arista und besonders die Gründer extrem spannend. Hut ab vor dieser Leistung. Einer der ersten Angel Investoren von Google und Cisco wäre nicht das was Sie heute sind durch den Aufkauf von Sun Microsystems.
Edit: Natürlich Sun an Oracle und Granite Systems an Cisco.
Ich hatte Ubiquiti vor einiger Zeit mal angeschaut. Mir hatte die Bilanz und der Umgang des CEO mit Investoren nicht gefallen. Daher habe ich das Unternehmen nie genauer analysiert.