BYD Aktien Update: Kommende Weltmacht der Automobilbranche?

14. Juli 2023

Elektrofahrzeuge feiern einen unaufhaltsamen Siegeszug, und die EV-Welt dreht sich nicht mehr um Tesla allein. Der chinesische NEV-Hersteller BYD ist zum unangefochtenen Marktführer in China aufgestiegen und schickt sich jetzt an, die Weltmärkte zu erobern. Wie sehen die Erfolgsaussichten aus?

BYD: Teslas (noch) unbekannter Herausforderer

Bei Elektrofahrzeugen denken die meisten zuerst an Tesla. Der EV-Pionier Tesla lieferte im zweiten Quartal 466.140 Fahrzeuge aus, mehr als je zuvor und mehr als die von Analysten erwarteten 448.000. Allerdings musste Elon Musk beim Verkauf nachhelfen. Als verkaufsfördernde Maßnahme gab es kostenlosen Strom für drei Monate beim Modell 3, im Paket für die teuren Modelle S und X waren es sogar drei Jahre. Außerdem lockte Tesla zusätzlich mit Lieferprämie und Versicherungszuschuss.

Dennoch liegt Tesla weiterhin nur auf dem zweiten Platz. Der außerhalb Chinas noch wenig bekannte Herausforderer BYD (Build your Dreams) verkaufte mit 700,244 deutlich mehr Fahrzeuge, davon waren 352.163 rein elektrisch, der Rest Plug-in-Hybride. Der Siegeszug ist ein Phänomen des letzten Jahres: Im ersten Quartal 2022 hatte Tesla noch mehr Fahrzeuge ausgeliefert als BYD. BYD hat sich bisher auf die Eroberung des chinesischen Markts konzentriert, jetzt soll die weltweite Expansion losgehen. Und es geht um viel: 

Während der Marktanteil von Elektrofahrzeugen bei PKWs im letzten Jahr bei 14 Prozent lag, erwartet Goldman Sachs für das Jahr 2030 bereits 33 Prozent, fünf Jahre später sollen es dann 49 Prozent werden. Der technologische Vorteil westlicher Industriestaaten bei der Produktion von Verbrennermotoren wird damit zunehmend obsolet und hat chinesischen Unternehmen ermöglicht, den Sprung an die Spitze der Automobilproduktion anzusetzen.

BYD Aktie - Verkaufszahlen von BYD und Tesla Q1 2022 bis Q2 2023
Verkaufszahlen von BYD und Tesla Q1 2022 bis Q2 2023

BYD ist breit aufgestellt. Die Marke mit über 20 verschiedenen Modellen drängt mit einem breiten Line-up ins Luxussegment und kombiniert eine Copy-Paste-Strategie der feinsten Automobildesigns mit starker Technik: BYD präsentierte Anfang Juli in Beijing einen neuen SUV, den Denza N7. Er ist ab 301.800 Yuan zu haben und erinnert an den sehr schönen Porsche Cayenne Coupé. Im Januar hatte BYD den 1.000 PS starken Yangwang U8 vorgestellt, der preislich bei rund einer Millionen Yuan liegt und der optisch an den ikonischen Land Rover Defender angelehnt ist. Der U9, ein dem aufsehenerregenden McLaren 720 ähnelnden Supercar, der in der gleichen Preisklasse liegt und die gleiche Leistung hat wie der schwere Bruder U8, soll weniger als 2 Sekunden für 0 auf 100 km/h brauchen. Fünf weitere Fahrzeuge in der Preisklasse zwischen 300.000 und 800.000 Yuan sollen in den nächsten drei Jahren folgen.

Das Tesla Line Up ist dagegen seit einigen Jahren unverändert. Das 2019 vorgestellte Model Y ist in China für 288.900 Yuan zu haben und kommt inzwischen altbacken daher. Höchste Zeit, dass nächstes Jahr der Nachfolger kommt. Aktuell scheint der Vertrieb in China für Tesla nur über Incentives zu gehen. Nach Quartalsende reduzierte Tesla in China noch einmal die Preise für Model S und Model Y um 4,5 Prozent. Ausblick der Analysten: BYD hängt Tesla weiter ab.

BYD Verkaufszahlen gegenüber Tesla
Die Verkaufszahlen von BYD steigen. Der Autobauer wird seinen Vorsprung gegenüber Tesla voraussichtlich ausbauen.

BYD hat den EV-Wettbewerb in China, dem mit 23 Millionen verkauften Fahrzeugen größten Automobilmarkt der Welt, gewonnen und ist damit auch zum Alptraum der deutschen Autohersteller geworden. Der chinesische Elektroauto-Hersteller rangiert im größten Automarkt der Welt mittlerweile vor Volkswagen. Die Wolfsburger waren im Reich der Mitte bisher auf Rang eins, verkaufen aber fast ausschließlich Benziner. Die deutschen Marken verlieren insgesamt in China zunehmend den Anschluss.

Der Sieger will jetzt mehr

Aber es geht nicht nur um China: Die USA haben sich mit 13,7 Millionen 2022 verkauften Fahrzeugen bereits zu Zeiten Trumps mit einer 27,5 prozentigen Steuer auf chinesische Fahrzeuge und anschließend mit dem sogenannten Inflation Reduction Act unter dem Deckmantel des Klimaschutzes gegen die Konkurrenz aus Fernost abgeschottet. 

Die Angst vor einer Flut an billigen China-EVs macht die Runde. Nach dem Überholen Deutschlands hat China im ersten Quartal dieses Jahres mit 1,07 Millionen exportierten Fahrzeugen nun auch Japan als den größten Exporteur der Welt vom Thron gestoßen.

BYD - Anteil am Gesamtunsatz der drei großen dt. Marken

Zuletzt drängen die chinesischen Hersteller auf den bisher offenen europäischen Markt, der mit 11,3 Millionen verkauften Fahrzeugen im letzten Jahr an dritter Stelle rangiert. Seit Ende 2022 verkauft BYD seine Autos auch in Deutschland und will bei Elektrofahrzeugen  mittelfristig einen Marktanteil von fünf bis zehn Prozent gewinnen. Laut einer Umfrage des Neuwagen Vergleichsportals Carwow könnten sich 30 Prozent aller Deutschen vorstellen, dass ihr nächstes Auto aus China kommt. PKW aus Fernost sind bereits heute keine Seltenheit: Koreaner und Japaner liefern jedes fünfte Auto in Europa. 

Allerdings muss BYD erst eine funktionierende Vertriebsstruktur aufbauen; in den ersten fünf Monaten wurden gerade einmal 165 Fahrzeuge verkauft.

Das Auto-Imperium schlägt zurück

Dennoch ist die durchaus berechtigte Angst vor den Chinesen groß und die Rufe nach Reglementierung werden lauter. Zwar argumentieren die in China tätigen deutschen Automobilunternehmen aus Eigeninteresse gegen Protektionismus. Frankreich hat dieses Problem aber nicht und wird die heimische Automobilindustrie vehement verteidigen. Mit einem Umwelt-Trick sollen de facto nur noch in Europa produzierte EV die staatliche Förderung in Frankreich erhalten: Die Umweltbilanz bei der Produktion soll als Kriterium herangezogen werden. Das sei WTO-konform. Das reicht den Franzosen aber nicht, die Politiker fordern, die EU-Kommission soll als Anti-Dumping Maßnahmen Zölle einführen. Die Angst davor dürfte auch den jüngsten Besuch einer hochrangigen politischen Delegation in Europa erklären.

Neben dem Schutz der heimischen Automobilindustrie spielen aber auch Sicherheitsinteressen eine Rolle. In China dürfen Teslas überall dort nicht fahren, wo der Staat Angst davor hat, ausspioniert zu werden. Darüber hinaus wurde die Erfassung, Verarbeitung und Speicherung von Daten eng begrenzt. Solche Überlegungen spielen natürlich auch umgekehrt, insbesondere angesichts der vielen Sensoren eine Rolle.

Möglicherweise ist das zaghafte Vorgehen des EV-Riesen in Deutschland darauf zurückzuführen, dass BYD dem Braten nicht richtig traut, nicht auffallen will und sich (zunächst) lieber auf kleinere Märkte, allesamt deutlich unter einer Millionen verkaufter Fahrzeuge im Jahr fokussiert, bei denen es diese Ziel-Konflikte nicht gibt. Dazu gehören México (acht Prozent der Exporte chinesischer Hersteller), Saudi-Arabien (sieben Prozent) und Chile (sechs Prozent).

Eine Alternative bleibt natürlich die lokale Fertigung: In Brasilien, dem sechstgrößten Markt mit zwei Millionen verkauften Einheiten, baut BYD eine Fabrik für 620 Millionen Dollar, um den lokalen Markt zu bedienen: Mitte 2024 soll es losgehen. Am Jahresanfang gab es auch Gerüchte, BYD wolle die Ford Fabrik in Saarlouis übernehmen.

Fazit zur BYD Aktie:

BYD ist der klare Sieger im Kampf der Automobil-Giganten in China, jetzt möchte das Unternehmen die Welt erobern. Die USA schotten sich ab und Europa überlegt noch, ob und inwieweit sich die Chinesen hierzulande entfalten dürfen. My Take: Die Europäer spielen auf Zeit, um eine Eskalation zu vermeiden und werden versuchen, sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Man wird die Chinesen bis zu einem gewissen Marktanteil gewähren lassen und irgendwann im Interesse der heimischen Industrie regulatorisch eingreifen.

Der Kampf geht jetzt erst einmal im Rest der Welt in die nächste Runde, und der Favorit ist BYD.  

Die Tesla-Aktie ist auch nach der Korrektur von rund einem Drittel vom Höchstkurs im Jahre 2021 mit einem 2023 KGV von 79, einem EV/EBITDA von 49 und einem Kurs/Cashflow von 60 bewertet.

Dagegen sieht die BYD Aktie moderat bewertet aus: Das  KGV liegt bei 29, EV/EBITDA bei 13 und Kurs/Cashflow bei gerade einmal 8. Der Abschlag dürfte hauptsächlich geopolitischer Natur sein. 

Das erwartete Wachstum der beiden Gesellschaften für 2024 und 2025 liegt zwischen 20 und 30 Prozent. Wir gehen davon aus, dass BYD stärker wachsen wird.

Abonniere hier unseren kostenfreien Newsletter

Disclaimer

The EM Digital Leaders und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von BYD. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Steffen Gruschka

    Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

Picture of Steffen Gruschka

Steffen Gruschka

Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.

Aktuelle Beiträge

Eine Antwort

  1. Wenn ich mir eine BYD-Aktie kaufe, dann nicht um in den Aktienhandel einzusteigen (mit mehr oder weniger Gewinn), sondern einzig und allein um Anteilseigner an dem Autohersteller zu sein, der sich leisten kann, die „lange Nase“ zu zeigen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neueste Beiträge

Tags

Neuste Kommentare

Twitter

Instagram