Einer der meistgehassten Unternehmer der Welt feiert sein Comeback: Mark Zuckerberg. Dank Threads – aber vor allem Elon Musk. Wir zeichnen die Wiederauferstehung des Totgeglaubten in Grafiken nach.
In unserem Newsletter von letzter Woche hatten wir den Artikel zu Threads betitelt mit „Threads tötet Twitter“. Der Titel hätte auch lauten können „Musk tötet Twitter“. Denn seit das wichtigste Kurznachrichtenportal Elon Musk gehört und er die Spielregeln der Kommunikation dort bestimmt, ist nicht mehr sicher, ob Mark Zuckerberg wirklich der gefährlichste Mensch der demokratischen Welt ist. Scott Galloway twitterte passend diese Woche: „It’s been a historic — and surreal — week in business. One person cleaned up Meta’s long-ailing reputation overnight, by accident, and on behalf of his competitor. So unprecedented, it feels like South Park.“
Zuck rückt in den Business Rankings auf
Vor zwei Jahren wurde Facebook von 24/7 Wall Street zum meistgehassten Unternehmen Amerikas gekürt. Elizabeth Warren beschrieb das Unternehmen als „the disinformation-for-profit business“ und wollte es am liebsten zerschlagen. Heute arbeiten sich die Demokraten lieber an Twitter und Elon Musk ab. Genauso wundersam verändert sich die öffentliche Wahrnehmung zu Mark Zuckerberg. Im aktuellen YouGov-Ranking der beliebtesten Unternehmer/Manager in den USA steigt Zuckerberg auf Rang 6 auf und steigert seinen Popularitätswert von 26 auf 35 Prozent. Bei den Millennials liegt er sogar auf Platz 1.
Dazu hat sicher nicht nur Elon Musk und die schwierige Diskussion darüber, wie man Inhalte auf Social-Media-Plattformen managt, beigetragen. Auch der sagenhafte Erfolg von TikTok hat die Kritiker von Meta verschreckt. Wenn schon die eigenen Kinder ihre Zeit mit Kurzvideos vertrödeln wollen, dann doch lieber auf Facebook und Instagram statt auf einer chinesischen Plattform.
Meines Erachtens spielen für die neue Wahrnehmung von Meta und Zuckerberg auch die Achtungserfolge in der Entwicklung von KI-Diensten eine wichtige Rolle (z.B. Pytorch und LLaMa).
Threads: 100 Millionen Anmeldungen
Dank Elon Musk und der Popularität von Instagram hat der Twitter-Klon Threads nach fünf Tagen bereits 100 Millionen Anmeldungen verzeichnet. Damit ist die Massenadaption von Threads noch schneller erfolgt als beim Chatbot ChatGPT, der dafür zwei Monate gebraucht hat.
Allerdings sieht man, dass die Dynamik der Anmeldungen deutlich nachgelassen hat und sich gerade bei 4,5 Millionen Downloads pro Tag stabilisiert. Bei ChatGPT hielt die Euphorie von Januar bis April an. Nach zahlen von Similarweb hatte die Openai.com Seite knapp eine Milliarden Besucher im April, im Juni waren es immer noch 860 Millionen Besucher. Der Vergleich mit ChatGPT ist aber ohnehin irreführend. Twitter ist die Benchmark für Threads. Aktuell kommt Twitter (inklusive EU-Länder) auf ca. 400.000 Downloads pro Tag.
Threads auch in Facebook-Ländern stark
Etwa 26 Prozent der Anmeldungen bei Threads kommen aus Indien. Das ist nicht weiter verwunderlich. 600 Millionen Menschen in Indien unter 25 Jahren dominieren die Appstatistiken (siehe auch I600M-Effekt). Etwa 30 Prozent der Daily-Active-User (DAU) auf Instagram kommen aus Indien. Überraschender ist der Erfolg von Threads in Brasilien mit einem Anteil von 15 Prozent. Auf Instagram kommen ca. sieben Prozent der DAU aus Brasilien.
Der US-Anteil mit 14 Prozent ist dennoch hoch und nur geringfügig niedriger als bei Twitter.
DAU-Zahlen lügen nicht
Downloads mögen hoch sein, aber wird die Threads-App auch wirklich genutzt. Erste Zahlen, die wir derzeit sehen können, deuten auf eine hohe Nutzerzahl hin. Über 40 Millionen DAU ist bemerkenswert hoch. Allerdings geht es hier um Schätzungen von Sensor Tower. Aufgrund der Methodik werden die Zahlen erst im Laufe der Zeit präziser und aussagekräftiger.
Wie groß das Potenzial von Threads ist, zeigt auch der DAU-Vergleich zwischen Instagram und Twitter. Instagram ist Twitter bei den DAU längst enteilt, und besonders ausgeweitet hat sich die Schere seit 2020.
Wer ist Twitter?
Zeigt der Erfolg von Threads schon erste Spuren bei Twitter? Cloudflare-Co-Founder Matthew Prince schrieb diese Woche „Twitter traffic is tanking” und postete als Beleg dafür das Kategorie-Ranking auf Cloudflare Radar.
Das lag aber vermutlich mehr an einer weiteren erratischen Entscheidung von Musk, nämlich unregistrierten Nutzern keine Tweets mehr zeigen zu lassen. Nach einem dramatischen Einbruch des Traffics darf Google Tweets wieder indexieren und zeigen. Auch das schlechteste (Saisonalität ausgeblendet) Kategorie-Ranking von Twitter auf Sensor Tower könnte vermutlich damit zusammenhängen.
Dennoch: Threads Erfolg wird Twitter zusetzen. Zum ersten Mal gibt es eine ernstzunehmende Alternative, die im Zweifel sogar mehr Ressourcen zur Verfügung hat als Twitter. Musk wird meines Erachtens nicht an fehlendem Traffic und schlechten Engagement-Zahlen scheitern, sondern kaufmännisch. Die Werbeumsätze sind eingebrochen, viele Werbekunden weg, Twitter Blue entpuppt sich als Rohrkrepierer und der Cash-Burn ist so hoch, auch aufgrund von über zwölf Milliarden Dollar Schulden, dass Twitter bald schon wieder frisches Kapital braucht. Dann erfahren wir vielleicht, wie hoch der Wertverfall von Twitter seit der Übernahme für 44 Milliarden Dollar ist. Fidelity schätzt Twitters Wert heute auf 15 Mrd. Dollar.
Disclaimer
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Meta. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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