Match Group hat in dieser Woche Zahlen für das dritte Quartal 2018 präsentiert:
Beim Umsatz gab es ein Plus gegenüber dem Vorjahresquartal von 29 Prozent auf 444 Millionen USD, beim operativen Gewinn sogar ein Plus von 54 Prozent auf 140 Millionen USD und somit bessere Zahlen als von Analysten im Schnitt erwartet.
8,1 Millionen zahlende Abonnenten hat das Unternehmen nun, 23 Prozent mehr gegenüber Q3 2017.
Und auch den durchschnittlichen Umsatz pro Nutzer (ARPU) konnte das Unternehmen um 6 Prozent erhöhen auf nun 0,57 USD.
Super Zahlen, sollte man meinen.
Und wie hat die Aktie reagiert?
Die hat mit circa -17 Prozent am Folgetag eine famose Grätsche hingelegt.
Und das an einem Tag, an dem der Nasdaq Index über zwei Prozent und viele unserer Titel der Kategorie Digital Enabler sogar über 5 Prozent zulegen konnten.
Was ist passiert?
Drei Dinge haben die Investoren aufgeschreckt:
Senkung der Jahresprognose
Nachdem Match Group bereits zweimal dieses Jahr die Jahresprognose für 2018 angehoben hat, hat man nun völlig überraschend eine Senkung der Prognose verkündet.
Für Q4 peilt man nun einen Umsatz von 440-450 Millionen USD (Konsensus war 454 Millionen USD) und ein EBITDA von 165-170 Millionen USD (statt 172 Millionen USD) an.
Das Unternehmen begründet das mit höheren Rückstellungen für die Rechtstreitigkeiten mit dem Konkurrenten Bumble (weitere 3 Mio. USD), dem starken Dollar (der Effekt wird auf 8 Millionen USD für Q4 geschätzt), und den Auswirkungen der europäischen Datenschutzverordnung.
Die DSGVO belastet offensichtlich die indirekten Einnahmen wie zum Beispiel In-App-Werbung mehr als ursprünglich angenommen.
Kein Grund, um ein Fünftel des Unternehmenswertes an einem Tag abzugeben, möchte man meinen, da die letzteren Punkte temporäre Effekte sind und das Unternehmen hinsichtlich der Rechtsstreitigkeit mit Bumble weiterhin sehr zuversichtlich ist.
Wachstumsdelle Tinder-Abonnenten in Q4
Die eigentliche Bombe ließ das Management aber im Analystencall am Tag drauf hochgehen.
Man erwarte für Q4 eine Abschwächung des sequentiellen Wachstums der Abonnenten bei Tinder.
Statt bisher 200.000 – 250.000 neue zahlende Kunden pro Quartal, erwartet man für Q4 eine einmalige Abschwächung.
Grund: Basiseffekte.
Die Einführung von Tinder Gold liegt nun ein Jahr zurück und die große Welle der Kundenkonversion in dieses Premiumangebot ist in Q4 2107 passiert.
Viele dieser 12-Monats-Verträge und Pakete von 6-Monats-Verträgen würden nun in Q4 auslaufen, daher die einmalige Delle.
Zumal das Unternehmen mit Produktveränderungen in Q3 auf eine Steigerung des ARPUs gesetzt hat und nicht auf höhere Konversion zu Abonnements.
Etwas nachsichtig könnte man auch hier meinen, dass diese Delle das Geschäftsmodell an sich nicht in Frage stellt.
Doch das Management hat hier einfach einen ganz schlechten Job gemacht. Dieser Basiseffekt hätte Match Group schon vorher bekannt sein müssen.
Unternehmen mit EV/Sales-Multiples jenseits der 5 und KGVs jenseits der 20 sind „priced for perfection“.
Das Management muss bei den Zielen ehrgeizig, bei den Prognosen aber ein Stück zurückhaltender agieren.
Match Group hat zweimal die Prognose für dieses Jahr gehoben und zu hohe Subskriptions-Erwartungen für Tinder Gold geweckt, die sie nun korrigieren müssen.
Ich nehme an, dass es dem Management auch erst im Oktober dieses Jahres aufgefallen ist, wie stark der Basiseffekt wirkt.
Es ist nachvollziehbar, dass manche Anleger hier Schlimmeres als nur ein Kommunikationsproblem vermuten.
Auf Nachfrage hat der CFO Gary Swidler immerhin bestätigt, dass das Wachstum der Abonnenten ab Q1 2019 wieder anziehen sollte.
Die Sonderdividende
Überrascht hat das Unternehmen auch mit der Ankündigung, eine Sonderdividende in Höhe von 2 USD pro Aktie zu zahlen.
Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen derzeit keine bessere Verwendung für die Barmittel von über 460 Millionen USD.
Auch sei das Leverage Ratio nun unter der Zielgröße von 2-4, so dass man für die Finanzierung der Dividende in Höhe von 560 Millionen USD auch noch Fremdkapital aufnehmen möchte.
Natürlich erwirtschaftet Match operativ eine höhere Rendite als Zinsen für Fremdkapital, so dass eine Verschuldung nachvollziehbar ist.
Doch auch nach unserem Geschmack ist das Timing für diese Finanzschreinerei falsch.
Zudem ist es naheliegend, anzunehmen, dass die Muttergesellschaft IAC, die über 80 Prozent der Anteile hält, hinter dieser Maßnahme steckt.
So, genug Trübsal geblasen. Anbei noch kurz ein paar Highlights aus dem Quartalsbericht.
Match Group Q3 Zahlen – Tinder als Cashcow
Es ist schon beeindruckend, wie gut es dem Unternehmen weiterhin gelingt, Tinder zu monetarisieren.
100 Prozent Umsatzwachstum gegenüber Vorjahresquartal, 61 Prozent Plus bei den Abonnenten, von denen 60 Prozent mittlerweile Tinder-Gold-Kunden sind.
Somit konnte das Unternehmen den ARPU bei Tinder wieder um 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern.
Und nochmal zur Erinnerung: Das Unternehmen verdient an Tinder-Nutzern im Ausland fast genauso viel wie in den USA.
Tinder dominiert alle anderen Angebote in der Match Group, daher fährt das Unternehmen zurecht die Werbung für Angebote wie Match runter und setzt zunehmend auf die Erfolgsstory Tinder.
Ich würde mich nicht wundern, wenn das Unternehmen bald auch so heißt.
Match Group Q3 Zahlen – Hinge als Rising Star
Sehr gut entwickelt sich das neue und offensichtlich bei Millennials beliebte Angebot Hinge.
Die meisten Early-Adopter kommen aus New York.
Und bei Lifestyle gilt: if you can make it there, you will make it anywhere.
Die Monetarisierung von Hinge soll 2019 beginnen.
Match Group Q3 Zahlen – Fazit
Der Absturz der Match Group Aktie von 17 Prozent bei sehr hohem Handelsvolumen nach den Quartalszahlen zeigt die speziellen Probleme bei Match Group auf:
- Problematische Governance mit der Muttergesellschaft IAC, die nahezu alle Stimmrechte hält
- Der niedrige Freefloat von unter 20 Prozent führt oft zu heftigen Kursschwankungen
- Die Entwicklung zu einem Ein-Produkt-Unternehmen namens Tinder bringt die Vor- und Nachteile einer solchen Abhängigkeit mit sich.
Wer die Aktie kauft, muss mit massiven Schwankungen leben können.
Trotz der vorgebrachten Kritik werden wir derzeit an unserem Engagement an Match Group festhalten. Die Match Group Aktie wird weiterhin im Portfolio des DLF vertreten sein.
Auch wenn das Upselling zu Tinder Gold nicht beliebig fortgeschrieben werden kann, an den Wachstumsaussichten für das Unternehmen hat sich wenig geändert.
Seit dieser Woche ist die Aktie 17 Prozent günstiger zu haben, zuzüglich einer Sonderdividende von knapp 5 Prozent.
Auch die aktuellen Analystenkommentare fallen positiv aus.
So hält zum Beispiel Jeffries am Kursziel 70 USD und damit einem Potential von 63 Prozent auf Basis des aktuellen Kurses von derzeit 43 USD fest.
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Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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