Pluralsight: Cloud-Aktie mit fairer Bewertung

6. August 2020

Pluralsight Cloud Aktie - Kollegen vor Bildschirm mit Code diskutieren

Als wir im Februar zuletzt hier im DLF-Blog die über E-Learning hinausgehende Vision von Pluralsight und die aktuelle Lage der Pluralsight Aktie vorgestellt haben, da war das Corona-Virus noch ganz weit weg. Kurze Zeit später breitete sich das Virus auch in der westlichen Welt aus und der Corona-Crash wütete am Aktienmarkt.

Seitdem hat sich die Welt durch die Pandemie verändert. Der Aktienkurs von Pluralsight ist seit Februar  auf den ersten Blick fast unverändert (21$ versus 19$). Auf den zweiten Blick sieht die Sache allerdings ganz anders aus: der Kurs war im Corona-Crash dramatisch gefallen bis auf unter 8$ und hat sich in den vergangenen Monaten wieder um 150 Prozent erholt.

Pluralsight Aktie Entwicklung des Aktienkurs Chart
Entwicklung der Pluralsight Aktie.

Nach dieser wilden Achterbahnfahrt für uns Pluralsight-Aktionäre wird es Zeit für ein Update. Pluralsight hat vor wenigen Tagen die Ergebnisse für das 2. Quartal 2020 vorgelegt.


Pluralsight Geschäftszahlen zum Q2 2020

  • Der Umsatz im Q2 stieg um 25 Prozent auf knapp $95 Millionen, im Q1 hatte der Umsatzzuwachs noch +33 Prozent betragen.
  • Die Corona-bedingten Bremsspuren zeigen sich noch deutlicher in den Billings. Diese sind im Q2 “nur” noch um 11 Prozent auf $89 Millionen gewachsen. Damit waren die Billings zum zweiten Mal in Folge geringer als der Umsatz.
  • Die Bruttomarge verbesserte sich im Q2 gegenüber dem Vorjahresquartal um 2 Prozentpunkte auf 79 Prozent.
  • Der Free Cashflow war mit $18 Millionen (d.h. Marge -19 Prozent) im Q2 deutlich negativer als im Vorjahr. Dieser Wert ist derzeit erheblich belastet durch die Investitionen in ein neues Headquarter. Der Cashflow soll sich ab dem 4. Quartal 2020 wesentlich verbessern.
  • Die Barreserven und kurzfristigen Finanzmittel betrugen zum 30.06.2020 mehr als $406 Millionen, das Unternehmen ist aufgrund einer bis 2024 laufenden Wandelanleihe mehr als komfortabel finanziert.

Pluralsight Guidance für 2020

Im Gegensatz zu vielen anderen Tech-Unternehmen gibt das Pluralsight-Management trotz der hohen Unsicherheiten auch in der Pandemie weiterhin eine Guidance heraus. Die Umsatzerwartungen liegen für 2020 zwischen $375 Millionen und $390 Millionen. Das entspricht am oberen Ende dieser Spanne einem Wachstum von 23 Prozent.

Damit behauptet man sich bisher sehr gut in der Corona-Krise. Die ursprüngliche Unternehmensplanung sah vor der Krise ein Wachstum von circa 25 Prozent voraus.

Um die aktuelle Guidance zu erreichen, muss sich allerdings die Entwicklung der Billings im 2. Halbjahr 2020 beschleunigen. Das Management betont, dass eine entsprechend große Sales-Pipeline vorhanden ist. Wir werden gerade nach den Vertriebsproblemen 2019 in den kommenden Monaten gespannt beobachten, ob die Sales-Execution unter dem neuen Sales Leader auch in Krisenzeiten funktioniert.

Die aktuelle Lage bei Pluralsight

Die Weichen für ein starkes 2. Halbjahr 2020 hat das Pluralsight Management ausgerechnet mitten im Corona-Shutdown im April gestellt. Im Rahmen einer großen „Free April“ Marketing-Kampagne hat man das Pluralsight-Skills Online-Trainingsprogramm auch Unternehmenskunden für einen ganzen Monat kostenlos verfügbar gemacht. Die Resonanz war nach eigenen Angaben riesengroß:

„Whatever metric you want to look at for brand awareness, it’s roughly up about 7 to 10 times more than the norm for us.“

Das können wir zumindest mit Blick auf die Traffic und Downloadzahlen für den Monat April bestätigen. Nun muss sich in den kommenden Monaten zeigen, inwiefern aus einer positiv verlaufenen Image-Kampagne auch echtes zusätzliches Neugeschäft im Krisenjahr 2020 generiert werden kann.

Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht, denn das Thema Online-Training erlebt in Zeiten von Reiserestriktionen und Work-At-Home natürlich einen Rückenwind gegenüber den klassischen Classroom-Trainings, die praktisch zum Erliegen gekommen sind.

Der Pluralsight-CEO Aaron Skonnard hat das so ausgedrückt:

„I think this is a moment that could dramatically and permanently shift the way most large enterprises think about classroom training investments in the future.“

Insider-Verkäufe durch den CEO

Nicht hilfreich für den Pluralsight-Aktienkurs war es, dass Aaron Skonnard trotz dieser optimistischen Äußerungen gemeinsam mit anderen Führungskräften mitten in der Krise im Juni in größerem Stil Aktien für unter 20$ verkauft hat. Die Pluralsight-Aktie hat in diesem Zusammenhang daraufhin 15 Prozent ihres Wertes verloren. Im Rahmen eines allgemeinen Blog-Post zum Thema Insidertransaktionen hatte ich diese Verkäufe wie folgt kommentiert:

„Aaron Skonnard verkauft im Zuge dieser Transaktion 13 Prozent seiner Aktien, erlöst durch den Verkauf von 1,3 Millionen Aktien vor Steuern circa $25 Millionen und hält danach noch gut 15 Millionen Aktien im Wert von circa $300 Millionen. Meiner Meinung nach ändert sich durch diesen Verkauf an seiner Beziehung zum Unternehmen gar nichts, und das ist gut so.

Weniger gut finde ich, dass es bei Pluralsight – wie bei vielen anderen US-Technologiefirmen auch – unterschiedliche Aktiengattungen gibt, die sich im Stimmrecht wesentlich unterscheiden. Mit seinen 15 Millionen Aktien hält der Pluralsight-Gründer Aaron Skonnard nach der aktuellen Transaktion „nur“ noch circa 10 Prozent aller Aktien. Und dennoch behält er knapp über 50 Prozent aller Stimmrechte und kann damit „sein“ Unternehmen weiter kontrollieren.“

Mit ruhiger Hand durch die Krise

Pluralsight ist also nach wie vor ein eigentümergeführtes Unternehmen. Aaron Skonnard ist meiner Meinung nach ein langfristig denkender CEO, der sein Unternehmen mit ruhiger Hand führt und sich auch jetzt in der Covid-19-Krise wohltuend abhebt von der gerade im Silicon Valley vorherrschenden Hire + Fire Mentalität.

„So we’re not letting productive employees go and then having to rehire them three months from now. I think being in that kind of a position with the strength that we have in the business will enable us to accelerate even faster as we come out the other end.“

Aaron Skonnard, Pluralsight CEO

Dennoch hat man sich bei Pluralsight an das eingetrübte wirtschaftliche Umfeld angepasst und investiert aufgrund der Rezession 2020 deutlich weniger als ursprünglich geplant. Das Wachstum der Mitarbeiterbasis wird sich in diesem Jahr deutlich verlangsamen gegenüber den Vorjahren.

Ist Microsoft mit LinkedIn Learning ein Wettbewerber?

Immer wieder hören wir Bedenken, dass das LinkedIn Learning Angebot von Microsoft ein letztendlich übermächtiger Wettbewerber für die Pluralsight Skills Plattform sein könnte.

In diesem Vergleich zwischen LinkedIn Learning und Pluralsight kommt der Autor zu folgendem Fazit:

„Pluralsight wins if you’re studying for one or more technical certificates, upskilling in programming or technology, represent a team, or if you’re focused on architecture, design, machine learning, AI and cloud computing. LinkedIn Learning wins if you’re studying marketing, SEO, human resources, recruiting, job hunting, blockchain, photography, or graphic design.“

Der obige Vergleich stellt ausschließlich aus Endbenutzer-Sicht auf den Content der beiden Plattformen ab. Pluralsight ist die führende Plattform für IT-Themen. Viele Alleinstellungsmerkmale von Pluralsight betreffen jedoch nicht nur den Content, sondern insbesondere die Funktionalitäten für die Entwicklungsleiter in größeren Organisationen.

In meinem Pluralsight-Beitrag vom Februar 2020 hatte ich bereits beschrieben, wie sich Pluralsight mit ihrem neuen Flow-Produkt zu einem unverzichtbaren Steuerungsinstrument für Entwickler-Organisationen weiterentwickeln will. Von einer ähnlichen Entwicklung in Richtung Enterprise-Produkt ist bei LinkedIn Learning meines Wissens nach nichts zu sehen.

Lange Rede kurzer Sinn: Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Entwicklung eines wirklich mit Pluralsight konkurrierenden Angebotes für Microsoft höchste Priorität besitzt. Pluralsight macht als Partner für Microsoft einen tollen Job und unterstützt die Marktdurchdringung der Microsoft Azure-Plattform durch seine entsprechenden Schulungsangebote. Warum sollte Microsoft mit diesem wertvollen Partner unbedingt konkurrieren wollen?

Bewertung der Pluralsight Aktie

Das EV/Sales der Pluralsight Aktie beträgt (forward) für 2020 auf Basis von 144 Millionen ausgegebenen Aktien circa 8. Das ist kein Schnäppchen. Aber es ist ein fairer Preis, wenn man davon ausgeht, dass Pluralsight auch in den Folgejahren mit mindestens 20 Prozent p.a. wachsen und seine Profitabilität dabei wie angekündigt zügig in Richtung der langfristigen Margenziele (>20 Prozent) verbessern kann.

Pluralsight Entwicklung EV Sales Chart
Entwicklung des EV/Sales der Pluralsight Aktie.

Im Vergleich zu vielen anderen SaaS-Unternehmen mit ähnlichen Kennzahlen ist die Pluralsight-Aktie sogar „günstig“ zu haben. Viele Analysten rechtfertigen eine Höherbewertung durch die Betrachtung von überteuerten Aktien der Peer-Group im direkten Vergleich. Davon halten wir nichts.

Aber wir sind davon überzeugt, dass Pluralsight eine gute Chance hat, die CTO’s in den größeren Unternehmen für sich zu begeistern und in den kommenden Jahren eine führende Rolle im boomenden Online-Trainingsmarkt einzunehmen. Sollte das gelingen, so ist ein deutliche Steigerung des Unternehmenswertes in den kommenden Jahren realistisch. Wir planen für das Portfolio von The Digital Leaders Fund ein langfristiges Investment in die Pluralsight Aktie. Wenn Du auch zukünftig Pluralsight und die Entwicklung des Online-Trainings-Marktes gemeinsam mit uns beobachten willst, dann kannst Du jetzt hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren.

DISCLAIMER
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Pluralsight. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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2 Antworten

  1. Hallo Stefan,

    ich würde gerne einmal deine Einschätzung zu den Q3/20 Quartalszahlen hören, welche Pluralsight kürzlich vorgelegt hat.

    Das Umsatzwachstum war nochmal rückläufig und bestätigt damit den Trend den man schon die letzten Quartale beobachten konnte. Das Wachstum der Billings ist inzwischen sogar nur noch einstellig. Auch der Free-Cashflow war nochmal leicht negativer als ich erwartet hätte.

    Zwar konnte die Gross Margin erneut geringfügig gesteigert werden, allerdings ist man hier inzwischen auf einem recht hohen Niveau angekommen und ich sehe hier mittel- bis langfristig kaum noch Potenzial für Steigerungen.

    Wenn ich Skonnard im Investors Call richtig verstanden habe legt man Wert auf eine Qualitätsführerschaft im eigenen Segment, um den Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden. Dh man kann davon ausgehen, dass die R&D-Ausgaben in nächster Zeit noch hoch bleiben werden, um die Plattform weiter auszubauen. Hältst du es daher auch nach den Q3-Zahlen für weiterhin realistisch, dass Pluralsight sich zügig in Richtung der eigenen langfristigen operativen Margenziele (22%) bewegen kann? Wie du bereits geschrieben hattest dürften sich die G&A-Ausgaben etwa ab Q4/20 verringern, da dann die Investitionen in das neue Office zurückgefahren werden sollten. Wie denkst du werden sich die S&M-Aufwendungen durch die neue Produktstrategie (Wechsel von B2C hin zu B2B) verändern? Man könnte einerseits erwarten, dass diese sich durch die immer höhere Personaldurchdringung bei Bestandskunden reduzieren. Andererseits ist Pluralsight noch auf Expansionskurs und möchte daher auch weiterhin möglichst viele Neukunden ansprechen. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Ausgaben sich in diesem Segment nicht zeitnah wesentlich reduzieren werden oder sogar noch ansteigen, da es aufgrund der wachsenden Konzerngröße immer schwerer werden sollte noch neue Großkunden zu akquirieren.

    Wie stehst du darüber hinaus zu dem TAM den Pluralsight in seiner Investors Presentation angibt? Man spricht von einem mittelbaren Volumen von 42Mrd (für Programmierkenntnisse) und einem Anstieg auf 300Mrd bis 2025 (für E-Learning), durch die Verschiebung von stationären Seminaren zu Online-Schulungen. Meiner Ansicht nach hat Pluralsight eine relativ spitze Zielgruppe, da der Fokus auf IT-Fähigkeiten liegt. Daher gehe ich nicht davon aus, dass ein Großteil der 300Mrd überhaupt für den Konzern erreichbar wären, sondern eher an Anbieter von allgemeineren Schulungsangeboten gehen werden (Coursera, Chegg, Udemy, YouTube, LinkedIn Lerning). Somit könnte man unterdurchschnittlich stark von dieser Verschiebung profitieren.

    Weiterhin würde ich gerne noch wissen was du von der Wandelanleihe hältst mit der Pluralsight sich finanziert hat und die bis 2024 laufen soll. Das Emissionsvolumen lag etwa bei 550mio. Für einen Konzern der (nach dem Kurssturz vergangene Woche) nur noch 2,2Mrd wert ist empfinde ich das als viel (ca. 25%). Gerade auch im Vergleich zu anderen Tech-Unternehmen die teilweise zu 100% mit Eigenkapital finanziert werden.

    Pluralsight hatte außerdem die Prognose fürs Gesamtjahr 2020 angehoben (von 375-390mio auf 387-390mio), was ich nach dem schwachen Q3 seltsam fand. Damit hat man nun ein EV/S von etwa 6 für 2020. Das sieht optisch nicht teuer aus, aber die Situation hat sich auch (leicht) verschlechtert. Der Analystenkonsens rechnet für 2021 sogar mit weiter rückläufigem Wachstum (auf 15%) und nur einer geringen Steigerung der Free-Cashflow-Marge (auf 4%). Somit ist der Konzern dann sehr weit von einem Bessemer Score von 40% entfernt, auf den du ja immer besonders achtest. Siehst du daher ein grundsätzliches Problem im Geschäftsmodell oder ist das deiner Meinung nach eine temporäre Schwächephase?

    Vielen Dank im Voraus für deine Einschätzung.

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