Quartals Updates: Etsy und Hellofresh

17. März 2023

Quartalszahlen Etsy und Hellofresh

Unsere Portfolio Holdings Etsy und Hellofresh hatten auch Quartalszahlen vorgelegt, auf die wir bisher noch nicht eingegangen sind. Das holen wir nun nach. Wir haben analysiert, wie gut sich beide im aktuellen Marktumfeld schlagen. Im Unterschied zu vielen anderen Unternehmen fahren Etsy und Hellofresh ihre Investitionen und Marketingausgaben weiter hoch.

Etsy: E-Commerce-Winter oder nur eine Wachstumsdelle?

Die E-Commerce Plattform für individuell gestaltete Konsumgüter hat vor einigen Wochen Quartalszahlen vorgelegt, die zwar insgesamt positiv aufgenommen wurden, aber den Kursrückgang der Etsy Aktie nicht aufhalten konnten. Seit Anfang Februar ist der Kurs von knapp 140 Dollar auf aktuell unter 103 Dollar gefallen. (Nicht geholfen hat der „Hickup“ zum Wochenende, als Auszahlungen an Etsy-Seller wegen der SVB-Pleite kurzfristig ausgesetzt wurden.). Insgesamt verlangsamte sich das Wachstum auch im vergangenen Quartal, ein Trend, der bereits 2022 einsetzte.

Q4-Zahlen: GMS sank YoY um vier Prozent auf 4,03 Milliarden Dollar, der Umsatz stieg dagegen um 12,6 Prozent. Getragen wurde das Umsatzwachstum vor allem durch die von Verkäufern seinerzeit stark kritisierte Erhöhung der Verkäufergebühr von 5 auf 6,5 Prozent des Warenwertes im April 2022 – immerhin ein Anstieg um 30 Prozent. Diese Erhöhung machte sich positiv beim Bruttogewinn bemerkbar, der um 14,4 Prozent auf 581,5 Millionen Dollar stieg. Wegen gestiegener Kosten sank allerdings die Ebidta-Marge von 30,5 auf 28,1 Prozent; der Nettogewinn brach sogar um fast ein Drittel auf 109,5 Millionen Dollar ein, was einer Nettomarge von 14 Prozent (23 Prozent) entspricht. Die Zahl aktiver Käufer ging zurück (minus 1,3 Prozent), und die aktiver Verkäufer stagnierte (minus 0,7 Prozent).

Guidance: Reichlich Moll-Töne gab es von CFO Rachel Glaser zu hören: GMS entwickle sich „sehr volatil“ im laufenden Quartal, was zu einer „breiten Range“ bei der Schätzung der Zahlen für dieses Jahr geführt habe. Neben einer Verlagerung der Kundenprioritäten weg von Luxus- hin zu Basiskonsonsumgütern (lies: Nahrungsmitteln), bemühte Glaser ebenfalls die „Makro-Headwinds“, was Prognosen „tough to call“ mache.

GMS für das erste Quartal 2023 wird bei zwischen 2,95 Milliarden und 3,15 Milliarden Dollar liegen;

Umsatz: 600 Millionen bis 640 Millionen Dollar

Adjustierte Ebidta-Marge: 26 bis 27 Prozent.

Positiv: Die Umsatzprognosen wurden in Q4 übertroffen, Etsy-CEO Josh Silverstein hatte im Analysten-Call von einem positiven Trend beim Wachstum männlicher Kunden – bisher eher eine Minderheit – und von starkem Wachstum in Märkten ex USA, unter anderem in Deutschland, berichtet. Zudem habe man eine Rekordzahl von inaktiven Käufern wieder neu gewonnen – 8,6 Millionen, ein Plus von 27 Prozent. Auch wenn Finanzinvestoren diese Zahl vielleicht nicht so gerne sehen, so investiert Etsy derzeit verstärkt in das zukünftige Wachstum. Die Marketing-Ausgaben stiegen in Q4 um 20 Prozent und im Bereich Produktentwicklung um 36 Prozent. Auch der Headcount stieg, wenn auch nicht mehr so stark wie in den Vorjahren.

Negativ: Neben der sinkenden Marge sprudeln auch die Umsatzquellen nicht so kräftig, wie es die Top-Line-Zahlen suggerieren: die Zahl neuer Käufer ist auch in Q4 2022 rückläufig – von 12,8 Millionen in Q4 2020, über 10,2 Millionen 2021 auf 9,5 Millionen in Q4 2022. Dieser Trend dürfte sich auch in diesem Jahr fortsetzen. Die Tochtergesellschaften Reverb, depop und elo7 – letztere wurden auf dem Höhepunkt des Zyklus, im Sommer 2021 übernommen – hätten derzeit laut Glaser eine „tougher time“ als die Mutter Etsy. Ein Blick auf die digitale Spur bestätigt bei allen drei Töchtern den Abwärtstrend. 

My Take: Die Durststrecke bei Etsy dauert an, und wenngleich man nach wie vor von einem Quality Unternehmen sprechen kann, so hapert es nunmehr seit bald zwei Jahren merklich mit dem Wachstum. Andererseits investiert Etsy in künftiges Wachstum und expandiert weiter international. Das Cashflow-starke capital-light Modell, die konsequente Besetzung einer Nische und hohe EBITDA-Margen (ca. 27 Prozent) rechtfertigen zwar eine Prämiumbewertung bei Etsy, aber auch nur, wenn Etsy wieder Umsätze steigert und Neukunden gewinnt. Aktuell ist die Etsy Aktie noch meilenwert vom All-time-high von 297 Dollar von Ende 2021 entfernt, aber sie hat sich bereits deutlich von den Tiefs des Jahres 2022 (69 Dollar im Juni) gelöst. The call is still out.

Hellofresh – Hoffen auf den Capital Market Day

Für nächste Woche, am 23. März, hat Hellofresh den Capital Market Day aufgesetzt. Wir sind gespannt, ob es dem Management gelingen wird, Investoren positiver zu stimmen, nachdem der Markt nach den Q4-Zahlen den Daumen gesenkt hat. Die Aktie hat seither 25 Prozent verloren und notiert aktuell mit knapp 17 Euro niedriger als am Tief des Corona-Crashs im März 2020. Waren die Zahlen so schlecht? Sie waren durchwachsen. Der Umsatz ist immerhin um 18 Prozent auf 1,87 Milliarden Euro gestiegen, auch dank des Dollar mit dem starken US-Geschäft. Währungsbereinigt lag das Wachstum bei 11 Prozent. Allerdings hatten Analysten einen Tick mehr erwartet. Bei bereinigten EBITDA ist Hellofresh mit 160 Millionen Euro etwa 20 Millionen über den Erwartungen gelegen. Der Nettogewinn ist aber mit 33 Millionen deutlich unter den erwarteten 48 Millionen Euro ausgefallen.

Positiv: Der führende Anbieter von Kochboxen hat trotz hoher Inflation die Beschaffungskosten für die Zutaten stabil halten können und die Fulfillment-Kosten sogar deutlich gesenkt. Die Contribution-Marge (Umsatz abzüglich Beschaffungs- und Fulfillment-Kosten) konnte somit in Q4 2,2 Prozentpunkte auf 26,9 Prozent gesteigert werden. Das durchschnittliche Ordervolumen ist in Q4 um 19 Prozent (11,6 Prozent währungsbereinigt) auf 63,7 Euro gestiegen und hat somit wesentlich zum Umsatzwachstum beigetragen.

Negativ: Die Zahl der aktiven Kunden war in Q4 mit 7,1 Millionen 1,5 Prozent rückläufig. Erwartet waren 7,4 Millionen aktive Kunden. Hellofresh fällt es trotz hoher Marketingausgaben nicht leicht, Kunden zu halten. Die EBITDA Guidance für Q1 2023 ist mit 30-40 Millionen Euro enttäuschend ausgefallen. Das liegt zum Teil an hohen Investitionsausgaben, die im weiteren Verlauf des Jahres allerdings sukzessive geringer ausfallen sollen. Der Free-Cashflow soll im ersten Halbjahr negativ und im zweiten Halbjahr wieder positiv ausfallen. Auch die Marketingausgaben sollen in Q1 auf etwa 20 Prozent des Umsatzes steigen (gegenüber 18 Prozent in Q1 2022).

My Take: Hellofresh ist in einem sehr schwierigen Makroumfeld weiter profitabel gewachsen. Trotz hoher Marketingausgaben und hoher Kundengewinnung fällt aber die Zahl der aktiven Kunden. Wir hatten die Problematik Churn und Conversion in unserem ersten Artikel zu Hellofresh detailliert besprochen. Leider ist der Trend anhaltend. Auf dem CMD nächste Woche könnte Hellofresh hierzu vielleicht mehr Insights liefern. Die Sorge, dass die Abwanderungsdynamik in einem rezessiven Marktumfeld steigt, belastet den Kurs. Das Unternehmen ist nach dem Kursverfall mit einem EV/Revenue von 0,4 und einem Price/Cash Flow (Fwd) von 7 sehr attraktiv bewertet, sofern es Hellofresh gelingt, in einer schwierigen Zeit die Zahl der aktiven Kunden zu halten und vielleicht sogar zu steigern.

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Disclaimer

The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Etsy und Hellofresh. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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