Soft Landing eingepreist? Was die Zahlen der US-Banken verraten

19. Januar 2024

US-Banken Berichtssaison

Die Berichtssaison in den USA hat begonnen. Den Auftakt machen wie gewohnt die US-Banken. Wir haben uns den Zahlenreigen angesehen, denn aggregiert ist er ein guter Seismograph für den Zustand der US-Wirtschaft – und des amerikanischen Konsumenten.

Dreiteilung der US-Bankenlandschaft

Die Bankenkrise 2023 ist erfolgreich eingedämmt worden, hat aber die Branche verändert. Die schwächelnden Institute wie SVB, Signature Bank und First Republic Bank sind eingegangen in die großen Institute des Landes; First Republik wurde von JPMorgan übernommen, eine Bank, die selten eine Krise ungenutzt verstreichen lässt. 

Mit Blick auf die Zahlen kann man mittlerweile von einer Dreiteilung der US-Bankenlandschaft sprechen. JPMorgan setzt sich weiter ab, es folgen zwei Dutzend „Großbanken“, deren Bilanzsumme 100 Milliarden Dollar überschreitet und dann, abgeschlagen, Tausende von Regionalbanken und Spezialinstitute. Während JPMorgan den Umsatz im vierten Quartal um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal steigern konnte und einen Gewinn von 9,3 Milliarden Dollar erzielte, kamen Wells Fargo und Bank of America auf Gewinne von 3,4 bzw. 3,1 Milliarden Dollar. Citigroup musste sogar einen Verlust von 1,8 Milliarden Dollar ausweisen. Bei den Regionalbanken kam es zum Teil zu einem drastischen Gewinneinbruch im abgelaufenen Quartal. Der Gewinn von KeyCorp brach zum Beispiel um 92 Prozent ein, Trust rutschte in den Verlust und der Gewinn von Discover Financial fiel um 62 Prozent. 

Wie stark JPMorgan die Konkurrenz outperformt, zeigt die Kennzahl ROTCE (return on average tangible common shareholders‘ equity), also die Rendite auf den Geldbetrag, den Aktionäre erhalten, wenn alle Vermögenswerte liquidiert werden. Während JPMorgan 2023 ein ROTCE von 21 Prozent erzielte, kam Citi auf 4,9 Prozent.

Einmaleffekte drücken Gewinne

Bei kaum einer Branche werden schlechte Ergebnisse so häufig mit Einmaleffekten begründet wie bei Banken. Sie kommen derart chronisch oft vor, dass Anleger zu Recht die Replizierbarkeit der Ergebnisse bei Banken hinterfragen. Auch daher erscheinen Bankaktien auf dem Papier billig. Aufhorchen muss man immer dann, wenn der Einmaleffekt nur eine Bank, nicht aber die gesamte Branche betrifft. Im vierten Quartal gab es beides, Einmaleffekte, die nahezu alle Banken betrafen, und Sonderfaktoren, die nur eine Bank oder wenige Institute belasteten. So müssen nach der Bankenrettung 2023 die großen Banken einen Großteil der Kosten in Höhe von 18,5 Milliarden Dollar dem amerikanischen Einlagensicherungsfonds FDIC zuführen. Davon entfallen allein auf JPMorgan 2,9 Milliarden Dollar, die einmalig das vierte Quartal belastet haben. Bank of America musste 2,1 Milliarden Dollar, Wells Fargo 1,9 Milliarden Dollar und Citi 1,7 Milliarden Dollar der FDIC zuführen. Die Zahlen von Citi wurden auch vom Rückzug aus Russland, von Währungsabwertung in Argentinien und von der zigsten Restrukturierung der Organisation belastet. 

Nach der Regulierung ist vor der Regulierung. Das nächste Ungemach droht den Banken mit der „Basel-3-Endgame-Regulierung“, also der dritten und letzten Phase der Regulierung nach der Finanzkrise 2008. Sollte die Regulierung so kommen wie derzeit von Banken befürchtet, müssen die US-Großbanken ca. 20-25 Prozent mehr Eigenkapital für ihr Geschäft hinterlegen, was sich deutlich in der Profitabilität der Banken niederschlagen dürfte und sie davon zurückhält, dieses Jahr weitere Aktienrückkaufprogramme anzukündigen.

Zinsmargen unter Druck, Kosten steigen

2023 waren Banken die großen Profiteure der Zinserhöhungen. Insbesondere große Banken mit einem großen Retailgeschäft und einem niedrigen Deposit Beta haben davon profitiert. Die Regionalbanken mussten um ihre Einlagen kämpfen und Geldhäuser mit einem großen Wealth Management Geschäft mussten die hohen Zinsen stärker an die Kunden weiterleiten. Sollten die Zinsen tatsächlich schrittweise um 1,5 Prozentpunkte im Jahresablauf fallen, wie aktuell die Terminzinsen signalisieren, dann wird das die Zinseinnahmen der Banken belasten. JPMorgan geht für 2024 davon aus, dass der NII (net interest income) um 8 Milliarden Dollar fallen wird. Ähnliche Signale kamen von Wells Fargo, Citi und Bank of America. Die Einlagenparty ist vorbei. Die Zinseinnahmen werden 2024 sinken. Parallel steigen die personellen sowie regulatorischen Kosten und auch die Investments in Technologie. Bei den Regionalbanken sieht die Situation bedenklicher aus, denn während die großen Banken im vierten Quartal die Zinseinnahmen steigern konnten, haben hohe Deposit Beta und ein niedrigeres Kreditwachstum die Zinseinnahmen bei vielen dieser Banken bereits im abgelaufenen Quartal belastet.

Faule Kredite steigen, Rückstellungen aber nicht

Nach einer Bloomberg-Auswertung ist die Zahl der faulen Kredite bei den vier größten US-Banken im vierten Quartal aggregiert auf 24,4 Milliarden Dollar gestiegen. Das sind 6 Milliarden mehr gegenüber dem Vorjahresquartal. Dennoch zeigten sich die meisten Bank-CEOs optimistisch hinsichtlich der Kreditmoral der Konsumenten. Die Abschreibungen begründeten die großen Banken mit der Krise im Gewerbeimmobilienmarkt. Bei den Konsumentenkrediten gab es in breiter Front keine massiven Rückstellungen für etwaige Kreditausfälle, im Gegenteil, manche Häuser wie Bank of America bauten im vierten Quartal ihre Rückstellungen wieder ab. US-Banken-CEOs gehen somit alle von einem Soft Landing aus. Nach der Risikovorsorge der Banken ist von einer Krise der US-Konsumenten keine Spur.

Günstige Bewertung für die US-Banken

Trotz der guten Performance der US-Banken im zweiten Halbjahr 2023 sind nahezu alle Banken deutlich günstiger bewertet als der Gesamtmarkt. Während JPMorgan auf einen KGV (FWD) von 10,5 kommt und die Regionalbanken im Schnitt unter 8 Prozent bewertet werden, liegt das KGV von S&P 500 Unternehmen im Schnitt bei 18,5. Das ist ein bemerkenswerter Bewertungsabschlag. Wer also an ein Soft Landing in den USA glaubt, sollte sich US-Bankaktien dieses Jahr genauer anschauen.

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Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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