Mit Spannung haben Investoren in dieser Woche die Q1-Zahlen von Alphabet erwartet. Im Vorfeld gab es wilde Spekulationen darüber, wie stark das Werbegeschäft im März eingebrochen ist und wie düster die Erträge in Q2 ausfallen könnten.
Hier zunächst die wichtigen Q1-Zahlen im Überblick:
- Umsatz: $41,16 Milliarden, +13 Prozent (währungsbereinigt +15 Prozent)
- Google Search Werbeumsatz: $24,5 Milliarden, +9 Prozent
- Google Netzwerk Werbeumsatz: $5,2 Milliarden, +4 Prozent
- YouTube Werbeumsatz: $4,04 Milliarden, +33 Prozent
- Cloud Umsatz: $2,78 Milliarden, +52 Prozent
- Andere Umsätze: $4,4 Milliarden, +23 Prozent
- Traffic acquisition costs: $7,45 Milliarden, +22 Prozent
Eine Einordnung zu den Segmenten und der neuen Transparenz findest Du in unserem letzten Artikel zu Alphabet.
Der operative Gewinn bei Google stieg 1 Prozent auf 9,3 Milliarden Dollar, bei Other Bets (Wing, Waymo, Verily u.a.) ist der Verlust mit 1,1 Milliarden Dollar 30 Prozent höher ausgefallen.
Insgesamt lag der operative Gewinn mit 8 Milliarden Dollar 20 Prozent höher als im Vorjahr, wobei im Q1 2019 die EU-Strafe von 1,7 Milliarden Dollar fällig war. Die operative Marge liegt nun bei 23 Prozent. Die Investitionsausgaben stiegen mit 30 Prozent deutlich auf 6 Milliarden Dollar. Das Unternehmen nannte hierfür die höheren Ausgaben für Datencenter und für Film- und Musik-Content für YouTube.
Die Zahlen kamen bei den Anlegern sehr gut an. Die Aktie von Alphabet stieg um fast 9 Prozent und notiert nun höher als noch zu Jahresbeginn.
Wie gut waren die Alphabet Zahlen wirklich?
Doch waren die Zahlen wirklich so gut? Hierzu muss man sich die zwei völlig unterschiedlichen Gesichter des ersten Quartals anschauen; die Zeit bis März und die Zahlen danach, also ab der Ausgangssperre.
Aus diesen Zahlen und weiteren Aussagen des Managements lassen sich drei Botschaften für Anleger ableiten.
1. Die Werbeumsätze sind weniger stark eingebrochen. Das Schlimmste könnte sogar schon vorbei sein.
Bei Google Search sind nach Aussagen des Managements die Umsätze im März um etwa 15 Prozent gefallen, da Kunden trotz deutlich höherem Engagement weniger kommerzielle Suchbegriffe eingegeben hätten und Werbebudgets gekürzt worden seien.
Im Vorfeld war aufgrund einzelner CPM-Messungen (Cost Per Mile beziehungsweise Tausend Kontakt Preis) ein deutlich stärkerer Einbruch vermutet worden. Investoren hatten zudem für Q2 und das Gesamtjahr Schlimmes befürchtet, viele erwarteten mindestens drei weitere “März-Monate”. CFO Ruth Polat sieht allerdings bereits im April erste Anzeichen einer Erholung: „Although we have seen some very early signs of recovery and commercial search behavior by users, it is not clear how durable or monetizable this behavior will be.”
2. YouTube, Google Play und Cloud-Geschäft wachsen in Corona-Zeiten.
YouTube ist weiterhin auf der Überholspur. Das Management betonte, dass die Klickzahlen, die Verweildauer auf YouTube, die Nutzung von Livestreams, die Abonnentenzahlen für Youtube TV und Musik weltweit deutlich zugenommen haben.
Selbst im März sind nach Management-Aussagen die YouTube-Werbeumsätze noch um „high-single-digits“ gestiegen. Das ist bemerkenswert. Im Januar und Februar muss das Umsatzwachstum somit über 40 Prozent gewesen sein. Das Wachstum bei „Other Revenues“ um 23 Prozent deutet auf großes Wachstum bei den Abonnentenzahlen hin.
Hier haben aber auch die Rekord-Downloads bei Google Play zum Wachstum beigetragen. Im März haben die Downloads bei Google Play um 30 Prozent gegenüber Februar zugenommen. Für das gesamte Quartal lag das Wachstum nach Zahlen von Sensor Tower bei 18 Prozent.
Die massive Nachfrage nach Serverkapazitäten haben in Q1 und insbesondere im März dem Cloud Geschäft ein stattliches Wachstum von über 52 Prozent beschert. Vieles davon ist sicherlich mit Bestandskunden erreicht worden.
Das Unternehmen wies darauf hin, dass der Abschluss einzelner größerer Deals aufgrund der Verwerfungen aufgeschoben wurde, dass aber der Druck hin zur Digitalisierung dem Unternehmen künftig noch mehr Neukunden aus sehr unterschiedlichen Branchen bescheren sollte.
YouTube, Cloud und Other Revenues machen bei Alphabet insgesamt über 27 Prozent der Umsätze aus. 27 Prozent der Umsätze haben in einer Wirtschaft in Ausnahmezustand, nämlich im März, weiter zulegen können. Das zeigt, wie diversifiziert und robust das Geschäftsmodell von Alphabet mittlerweile ist.
3. User-Engagement wird zu noch größerer Dominanz im Werbemarkt führen
Die Lockdown-Maßnahmen in Folge der Pandemie haben bei Alphabet zu einer Rekord-Nutzung der unterschiedlichen Dienste geführt. In den USA wären die Suchangaben rund um Corona viermal so hoch gewesen als die Spitzenwerte zum Super Bowl.
Über 100 Millionen Studenten und Lehrer nutzen mittlerweile Google Classrooms. Von der Sonderkonjunktur beim Videoconferencing profitiert nicht nur Zoom. Viele Unternehmen und Bildungseinrichtungen sind in der Krise aufgrund der Sicherheitslücken bei Zoom auf Google Meets (früher Hangouts) gewechselt. Die Nutzung ist seit Januar um Faktor 30 gestiegen, aktuell kommen drei Millionen Kunden täglich neu dazu.
In den USA ist der Abstand zu Zoom noch riesig, doch in manchen Ländern hat man Zoom bereits überholt. Nun bläst Alphabet zum Frontalangriff auf Zoom. Ab nächster Woche wird Google Meets kostenlos weltweit ausgerollt.
Auch die Nutzung von Google Chrome, Maps, Gmail und G Suits zieht weiter an. GSuite hat mittlerweile 6 Millionen Kunden, darunter Netflix, Twitter, Shopify. Bei vielen Dienstleistungen setzt Alphabet offensiv auf eine maximale Marktdurchdringung. Die Monetarisierung folgt später.
Das höhere Engagement bei Search und YouTube wird in wenigen Quartalen zu einer noch größeren Dominanz von Alphabet, Facebook und Amazon im digitalen Marketing führen. Die großen Verlierer werden leider die Verlage, die linearen Fernsehkanäle und viele Medienagenturen sein, siehe Graphik unten.
Alphabet Aktie – Fazit
Wir halten an unserer positiven fundamentalen Einschätzung für die Alphabet-Aktie fest. Auf einen Zeitraum von ein Jahr betrachtet wird das Wachstum abnehmen, gleichzeitig hat sich das KGV-Multiple auf über 30 erhöht, während das EV/Sales-Multiple bei knapp 5 liegt.
Doch in unruhigen Zeiten bietet Alphabet ein einzigartiges Risiko-Rendite-Profil. Das Unternehmen hat auch in Q1 einen Free Cashflow von 5,4 Milliarden Dollar erwirtschaftet und könnte mit den 117 Milliarden Cash gleich 10 Dax-Unternehmen erwerben. Kein Unternehmen hat aktuell mehr Cash als Alphabet und nur wenige sind so gut vorbereitet für die Zukunft. Daher wird das Unternehmen auch weiterhin eigene Aktien in Milliardenhöhe zurückkaufen.
Die Welt steht vor einem Digitalisierungssprung. Viele Jahre Digitalisierung werden nun in Monaten vollzogen. Einer der ganz großen Gewinner der digitalen Adaption ist Alphabet. Die Alphabet-Aktie bleibt daher ein fester Bestandteil des Portfolios von The Digital Leaders Fund.
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Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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