Die Unsicherheit über die Richtung von Bonds ist mit Händen zu greifen – das große Anleihen-Rätsel führt zu konträren Marktbewertungen und hat gravierende Folgen für die Asset Allocation. Welche Konsequenzen eine nur scheinbar technische Debatte für Anleger hat.
In den vergangenen Jahren haben sich Anleger daran gewöhnt, dass einzelne Akronyme hochkomplexe Diskussionen auf einen treffenden Nenner bringen: TINA (There is No Alternative) oder FOMO (Fear of Missing Out) haben die Grundlage der langjährigen Growth-Aktien-Rally vollkommen hinreichend umschrieben. Anders sieht es heute aus. Die Unsicherheit über die Treiber der Märkte ist groß. Erholt sich die globale Konjunktur? Wird sie abgewürgt von Lieferkettenproblemen, steigender Inflation und eines schwächelnden US-Verbrauchers? Die Antworten sind meisten komplex und multivariabel, und die resultierenden Szenarien klaffen weiter auseinander.
Peter E. Huber: German Doom and Gloom
Das ist nicht nur für die Aktienmärkte relevant. Auch die Einschätzungen über die Attraktivität des Bond-Markts gehen weit auseinander. Für einen der Urgesteine der deutschen Vermögensverwalter ist die Sache recht einfach. Peter E. Huber, Fondsmanager des Mischfonds Huber Portfolio, hat eine klare Storyline: Anleihen sind nicht attraktiv, so der Bad Homburger Fondsmanager.
Hubers Benchmark in der Frage sind zehnjährige Bundesanleihen, und die rentieren derzeit mit 2,3 Prozent. Die würden nicht nur von der Inflation aufgefressen, sondern die Renditen drohten vielmehr ins Negative zu kippen, wenn ein zweiter Inflationsschub komme, warnte Huber bei einer Diskussion auf einem Branchentreffen in Mannheim.
Wobei man wissen muss, dass Huber zu den geldpolitischen und fiskalischen Schwarzmalern in Sachen “Fiat-Geld” zählt. Er geht von einer Überschuldung der Industriestaaten aus und rechnet mit einer Staatsfinanzierung durch die Notenbanken. Das werde das Vertrauen in Anleihen erschüttern (“Wer soll das Zeug noch kaufen?”). Um Hubers Weltbild bereinigt, müssen Anleger also nicht zwingend vom Untergang des Abendlandes und seiner Anleihen ausgehen.
Ernster zu nehmen sind die Einwände Klaus Kaldemorgens, Manager des Mischfonds DWS Concept Kaldemorgen. Er freue sich zwar, dass es wieder einen Zins gebe, aber für ihn habe dieser nur die Funktion, in seinem Fonds ein Risikobudget aufzubauen, das er in Aktien investiere. Inzwischen weist der historisch zumeist defensiv aufgestellte DWS Concept Kaldemorgen eine Aktienquote von ordentlichen 40 Prozent auf. Bei Anleihen gehe er kein aktives Risiko ein – „weder bei den Laufzeiten noch bei Credit: Damit wird man kein Geld verdienen“, warnte Kaldemorgen in derselben Diskussion.
Das Anleihen-Rätsel: Retten Hybrid-Anleihen die Renditen?
Bert Flossbach wiederum, Manager des größten europäischen Mischfonds, FvS Multiple Opportunities, sieht das anders. Für ihn rentieren Unternehmensanleihen „nicht so schlecht“. Auch wenn die Inflationsraten „nicht so nachhaltig fallen“ würden, wie es viele erwarteten, könnten Anleger in „manchen Segmenten“ Renditen von sechs Prozent und mehr erwarten. Als Beispiel nannte Flossbach Hybrid-Anleihen. Damit kommen wir zum Pudels Kern: wie sich Fondsmanager bei Bonds positionieren, hängt von ihrer Konjunkturprognose ab, und die geht gerade massiv bei vielen Häusern auseinander.
Viele deutsche Vermögensverwalter – siehe oben – gehen davon aus, dass die Inflationsgefahren nicht gebannt sind und zugleich die Konjunktur eher schwächeln wird. Das bringt das Stagflationsgespenst auf die Bühne des Markts. Die Kombination aus schwächelnder Wirtschaft und hoher Teuerung ist für Anleihen Gift. Daher verwundert es zum einen nicht, dass Huber und Co. die Renditen von Bundesanleihen für unzureichend halten und auch pragmatische Fondsmanager wie Bert Flossbach ihr Heil in riskanten Bond-Segmenten suchen wie Hybrid-Anleihen.
Wer eine andere Inflationsprognose hat, gelangt freilich zu einer anderen Allokation – und geht mitunter deutlich geringere Risiken ein als Vermögensverwalter, die mit einer Stagflation rechnen. Der weltgrößte Anleihen-Manager erwartet, dass die disflationären Kräfte die Oberhand gewinnen werden. In den USA werde sich der Arbeitsmarkt abschwächen, die Inflation zurückgehen, was die US-Notenbank zu Zinssenkungen bewegen werde. Wer diesem „Soft Landing“-Szenario folgt, wird entsprechend auch Bond-Renditen von drei bis fünf Prozent für auskömmlich halten und nicht auf Hochzinsanleihen setzen müssen, um reale Renditen zu erzielen.
Willkommen im Old Normal
PIMCO-Portfoliomanager Konstantin Veit erwartet zwar nicht, dass die Notenbanken im ersten Quartal anfangen werden, die Zinsen zu senken, geht aber davon aus, dass, wenn sich das freundliche Inflationsszenario bewahrheitet, die Zinssenkungen stärker ausfallen werden, als es heute eingepreist sei. Im Grunde geht die Allianz-Tochter davon aus, dass es zu einem ähnlichen Makro-Umfeld kommen wird wie nach der großen Finanzkrise. Der damalige PIMCO-Manager Mohamed El-Erian hatte den Begriff „New Normal“ geprägt, der eine Ära anämischen Wachstums und niedriger Zinsen umschrieb. Bei PIMCO widerspricht man daher nicht, wenn man die These vom „Old Normal“ für die nächsten Jahre in den Raum stellt. Im Zehn-Jahresvergleich seien US Core, Global Aggregate und Agency MBS besonders attraktiv bewertet. Dagegen seien die Spreads in riskanteren Märkten, etwa EM Local, High Yield Credit und IG Credit, bereits stark zusammengelaufen.
Es ist auffällig, dass Häuser wie Schroders und M&G im Gegensatz zu den Bond-Kassandras in Deutschland ebenfalls von freundlichen Anleihen-Märkten ausgehen, ohne jedoch Konjunktur-Doomsday-Szenarien an die Wand zu malen. Patrick Vogel von Schroders etwa geht auch von „Impulsen von der monetären Seite“ aus und erwartet, dass es bei Investment-Grade-Corporates „noch einiges zu verdienen gibt“. Die Geldpolitik sei gerade in Europa „viel zu restriktiv“. Vogel: „Die Inflationsstory ist tot.“ Er konzediert gleichwohl, dass bei Corporates die Opportunitäten im riskanteren Bereich zu finden seien, wobei er die Risiken bei spanischen Banken angesichts der hohen Eigenkapitalquoten gut bezahlt sieht.
Fazit: Old Normal kontra deutsche Stagflationsszenarien
Die Unterscheidung zwischen Stagflation und Old Normal hat gravierende Konsequenzen für die Asset Allocation in Anlegerportfolios. Wer von einer Rückkehr der Deflation ausgeht, wird Renditen von fünf Prozent, die im vergangenen Oktober zu holen waren, nicht hinterherweinen, weil Treasury-Renditen von gut vier Prozent auch noch auskömmlich sind. Die meisten Anleihen-Fondsmanager – zumindest aus dem Ausland – bekommen in diesen Tagen glänzende Augen, wenn sie vom Tool-Kasten sprechen, der ihnen nach gut einem Jahrzehnt der Zinsdürre zur Verfügung steht. Sie kommen zumindest erfrischend differenziert rüber im Vergleich zu Doomsday-Szenarien so mancher deutscher Vermögensverwalter, die im Ergebnis auf der Anleihen-Seite mitunter hochriskante Wetten eingehen, um eine Inflation zu bekämpfen, die im Zweifel längst auf dem Rückzug ist.
Disclaimer
Die vorstehenden Darstellungen der Pyfore Capital GmbH stellen rechtlich eine Werbemitteilung dar und dienen ausschließlich Informationszwecken. Sie stellen insbesondere weder ein Angebot oder eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes noch einen Rat oder eine persönliche Empfehlung bezüglich des Haltens, des Erwerbs oder der Veräußerung eines Finanzinstruments dar. Die Pyfore Capital GmbH empfiehlt, sich vor Abschluss eines Geschäftes kunden- und produktgerecht und unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Vermögens- und Anlagesituation beraten zu lassen und Ihre Anlageentscheidung nicht allein auf diese Veröffentlichung zu stützen. Es wird empfohlen, sich von Angehörigen der steuerberatenden Berufe über die individuellen steuerlichen Folgen des Erwerbs, des Haltens oder der Veräußerung des in dieser Unterlage beschriebenen Finanzinstrumentes beraten zu lassen.
Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Links zu Texten, die von einem Dritten erstellt wurden, dienen lediglich unverbindlichen Informationszwecken.
Autor
-
Ali Masarwah ist Gesellschafter-Geschäftsführer der Fondsplattform envestor.de und schreibt auch Kolumnen über Investmentthemen für The Digital Leaders Fund. Anleger-orientiertes Research ist seit über 20 Jahren Alis Ding. Vor seiner Zeit bei envestor.de war er zehn Jahre lang bei Morningstar, wo er für die Personal Finance Websites des Analysehauses in Deutschland verantwortlich war. Als Experte für Anlagethemen ist er ein gefragter Ansprechpartner für Finanzmedien im deutschsprachigen Raum.
View all posts