Die Aktien der Hong Kong Stock Exchange sind Teil der Portfolios vom EM Digital Leaders und The Digital Leaders Fund.
Nicht alle Börsen sind selbst börsennotiert, aber in diesem exklusiven Kreis ist die Hong Kong Exchanges and Clearing (HKEX) die wertvollste. Die unter dem Kürzel 388 HK gelistete Gesellschaft ist heute mit 684 Milliarden Hong Kong Dollar (75 Milliarden Euro) bewertet und hat damit die bis dato führenden Chicago Mercantile Exchange (CME) dieses Jahr überrundet. Neben der prominenten Stock Exchange of Hong Kong (SEKH) und der Hong Kong Future Exchange gehört auch die London Metal Exchange zur Gruppe. Sie bietet auch Clearing, Settlement, Depository und Nominee Dienstleistungen. Das Unternehmen sitzt dabei gleichzeitig auch auf einer prallgefüllten Kriegskasse von 330 Milliarden Hong Kong Dollar (36 Milliarden Euro).
Inhaltsverzeichnis
Die Hong Kong Stock Exchange (HKEX) als wertvollste Börse
Rang | MCap in Mrd € | Land | |
HKEX | 1 | 69,6 | Hong Kong |
CME | 2 | 63,9 | USA |
ICE | 3 | 56,1 | USA |
LSE | 4 | 46,7 | GB |
Coinbase | 5 | 40,7 | USA |
DB | 6 | 26,8 | Deutschland |
NASDAQ | 7 | 25,6 | USA |
B3 | 8 | 17,2 | Brasilien |
JPX | 9 | 10,8 | Japan |
CBOE | 10 | 10,5 | USA |
EUXTF | 11 | 10 | Niederlande |
Die Anfänge des Geschäfts gehen in das Jahr 1891 auf die Vereinigung der Aktienmakler zurück. Die Gesellschaft wurde im Jahr 1914 in Hong Kong Stock Exchange umbenannt. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in Hong Kong vier Aktienbörsen, die dann in den 1980er Jahren in der SEKH aufgingen. Die London Metal Exchange wurde 2012 übernommen. Der 2019 angedachter Merger mit der LSE kam indes nicht zustande.
Die Regierung Hongkongs hält knapp sechs Prozent der Aktien; sie ernennt jedoch sechs der 13 Direktoren; der Rest befindet sich im Streubesitz. Unter den bekannten Finanzinvestoren finden sich JPMorgan mit sechs Prozent und Blackrock mit fünf Prozent.
Das Unternehmen hat seit Mai zudem einen neuen CEO, Alejandro Nicolas Aguzin, der vormals CEO der internationalen Privatbank von JPMorgan war. Zuvor war er dort ab 2012 für das Asien-Geschäft zuständig.
Des einen Leid…des anderen Freud
Die Hong Kong Stock Exchange steht auf der Sonnenenseite des aktuellen Sturmtiefes, das seit Ende letzten Jahres über den chinesischen Technologieunternehmen hängt. Vordergründig geht es um eine zunehmend harte Regulierung von den großen chinesischen Technologieplattformen. Es fing vordergründig 2020 an mit dem zeitweiligen Verschwinden von Jack Ma, dem CEO von Alibaba, der nach einer von der KPC als herausfordernd aufgefassten Rede in Ungnade fiel. Seitdem wird der einst frei agierende Sektor stärker reguliert. Dabei steht vor allem auch der Schutz von Kundendaten von in den USA gelisteten Unternehmen im Vordergrund.
Mit dem IPO von Didi ist das Thema eskaliert, weil das Unternehmen die Einwände des Regulators anscheinend ignoriert hat. Ein aktueller Gesetzentwurf sieht vor, dass IPOs im Ausland zukünftig von der Cyberspace Administration of China (CAC) genehmigt werden müssen, sofern das Unternehmen über mindestens eine Million Kundendaten verfügt.
Doch das ist nur ein Teil der Geschichte. Auch wenn es in den Fällen Didi und Alibaba auch um regulatorische Probleme geht (welche die chinesische Führung auf die ihr eigene schnelle und brutale Art löst), so wiegt der Konflikt Chinas mit den USA schwerer als Ursache der neuen, harten Linie der KPC.
Im vergangenen Jahr wurde in den USA ein Gesetz verabschiedet, das es dem Public Company Accounting Oversight Board erlaubt, die Bücher von ausländischen (lies: chinesischen) Unternehmen zu überprüfen. Die chinesischen Behörden haben sich bereits mehrfach lautstark über dieses Gesetz echauffiert. Die Vorstellung, dass US-Regulierungsbehörden und staatliche Nachrichtendienste Zugang zu den Geschäftsinterna von strategisch wichtigen chinesischen Tech Champions bekommen, ist aus Sicht der chinesischen Führung ein Alptraum.
Es ist kein Geheimnis, dass China deshalb daran arbeitet, chinesische Konzerne an die chinesischen Börsen zu locken. Konzerne wie Alibaba, JD.com, Baidu, Bilibili und etliche andere mehr sind bereits auch in Hongkong gelistet, viele mehr werden folgen. Die chinesische Führung will den Zugriff der US-Behörden auf die Bücher ihrer Tech-Champions entziehen. Die Entkopplung der Unternehmen von den US-Börsen wird einiges an Liquidität kosten. Das ist zwar nicht im Interesse der chinesischen Unternehmen, aber es ist dennoch unwahrscheinlich, dass chinesische Unternehmen in der näheren Zukunft gegen den Willen der KPC ein Börsenlisting in den USA anstreben werden. Damit steht der Gewinner fest: Die Börse Hongkong! Sie dürfte sich in der nächsten Zeit über etliche Börsengänge freuen. Bereits im ersten Quartal zeichnete sich folgendes Bild ab: Sehr hohe Volumina bei nicht ganz so vielen Listings.
Wie wichtig diese Mega IPOs für Hongkong sind, zeigt auch die Vergangenheit: Knapp ein Viertel aller Aktienumsätze geht auf 28 Mega IPOs seit Januar 2018 zurück. Die Gesamtzahl aller börsennotierten Werte lag zuletzt bei 2198.
Interessant ist aber auch, dass bei Doppel-Listings wie Alibaba, Netease oder JD ein großer Teil des Volumens im letzten Jahr nach Hongkong abwandert ist. Offensichtlich fühlen sich Investoren in Hongkong angesichts der politischen Störfeuer auf beiden Seiten des Pazifiks wohler als in New York. Von den absoluten Zahlen besteht indes noch deutliches Potenzial zur Ausweitung des Marktanteiles beim Handel in diesen Werten.
Der Betreiber von Chinas Bike Sharing App Hello Inc und Audio App Operator Ximalaya haben erst einmal in vorauseilendem Gehorsam ihre Börsengänge in den USA auf Eis gelegt. Es wird gemunkelt, dass die beiden Börsenneulinge in spe jetzt Hongkong als Listing-Ort erwägen.
Hong Kong Stock Connect
Bis vor einigen Jahren waren Aktien jenseits einer juristischen chinesischen Mauer für Investoren unerreichbar. Weder konnten Festlandschinesen in Hongkong investieren, noch konnten Ausländer (einschließlich der Einwohner von Hongkong) an den Börsen von Shanghai und Shenzhen Aktien handeln. Das änderte sich im November 2014 mit dem Programm Shanghai Connect, auf das das Shenzhen Connect Programm im August 2016 folgte. Die Hong Kong Stock Exchange wurde zum einzigen Tor in der Mauer, und zwar in beide Richtungen.
Über diese Börsenverbindung können Ausländer jetzt mithilfe von Brokern in Hongkong im Rahmen der sogenannten Northbound Verbindung 2.283 Aktien in Shanghai und über 2.879 Aktien in Shenzhen kaufen. Das inkludiert für institutionelle Investoren auch Chinext, das Technologie Segment der Börse in Shenzhen. Gleichzeitig ermöglicht die Southbound Verbindung qualifizierten Privatinvestoren und Publikumsfonds aus China den Kauf von Aktien in Hong Kong.
Im Juli 2017 kam das Programm Bond Connect hinzu, das allerdings bisher nur Nordwärts funktioniert. Laut dem neuen CEO arbeiten man auch an der Gegenspur, allerdings bisher ohne Startdatum.
Es gelten jeweils die Regeln der Heimatmärkte, Handelswährung ist dabei der Renminbi. Die beiden geschlossene Settlement Kreisläufe sorgen dafür, dass Investitionen ausschließlich in Aktien möglich sind, um spekulative Blasen im anderen Asset Klassen, wie zum Beispiel Immobilien zu verhindern.
Hong Kong Stock Exchange (HKEX) Zahlen
Im Jahr 2020 hat das Unternehmen einen Umsatz von 19,2 Milliarden Hongkong Dollar (2,1 Milliarden Euro) erwirtschaftet. Das entspricht einem Plus von 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im ersten Quartal 2021 wurden sogar 6,0 Milliarden Hong Kong Dollar (0,7 Milliarden Euro) umgesetzt.
26 Prozent des Umsatzes wurden 2020 mit dem Aktienhandel erzielt, gefolgt von 17 Prozent beim Geschäft mit Derivaten und sieben Prozent im Bereich Rohstoffe. Post Trade (bestehend aus Clearing Settlement und Custody) ist für 40 Prozent des Umsatzes verantwortlich. Weitere fünf Prozent entfallen auf Technologie.
Dabei wurde ein EBITDA von 14,6 Milliarden Hongkong Dollar (1,6 Milliarden Euro) erzielt, was einer sehr starken EBITDA Marge von 76 Prozent entspricht. Die 2020 EBITDA Marge im Aktienhandel sticht mit 88 Prozent ebenso heraus wie die von Post Trade mit 89 Prozent. Am niedrigsten war die Marge bei Rohstoffen mit immerhin noch 52 Prozent. Im ersten Quartal lag die EBITDA Gesamtmarge bei unglaublichen 81 Prozent.
In der Entwicklung der Quartalszahlen seit 2016 lässt sich die Beschleunigung des Handelsvolumens deutlich erkennen; die Trendlinie wurde klar überschritten. Eine Rolle spielt dabei auch eine dramatische Erhöhung der Stock Connect Umsätze im ersten Quartal.
Der Umsatz aus Connect hatte sich 2020 dabei auf circa 1,9 Milliarden Hongkong Dollar (210 Millionen Euro) gegenüber 2019 fast verdoppelt und macht jetzt gute zehn Prozent vom Umsatzkuchen aus. Diese Zahlen waren im ersten Quartal noch einmal 50 Prozent höher. 2020 machte der Northbound Teil der bis dato ungleichen Brüder noch 80 Prozent des Kuchens aus.
Dabei besteht hier besteht noch Potenzial, denn ausländische Investoren halten heute mit 2,9 Billionen RMB (380 Milliarden Euro) nur knapp vier Prozent der chinesischen Aktienmarktkapitalisierung und mit 465 Milliarden Dollar (390 Milliarden Euro) knapp drei Prozent der ausstehenden Schuldverschreibungen. Es besteht noch deutlich Luft nach oben.
Im ersten Quartal sahen wir ein lawinenartiges Anschwellen des südwärtsgerichteten Stromes, also den Transationen von Festlandchinesen in Hongkong. Die Zahlen verdoppelten sich gegenüber dem vierten Quartal 2020. Wir können hier einen weiteren säkularen Trend erkennen: Festlandchinesen diversifizieren jetzt deutlich mehr. Die Anzahl der chinesischen Publikumsfonds, die in Hongkong investieren können, hat sich 2020 gegenüber dem Vorjahr auf 2.027 vervierfacht. Die Nettokäufe hatten sich bereits 2020 auf 672 Milliarden Hongkong Dollar (73 Milliarden Euro) mehr als verdoppelt und dieser Trend beschleunigt sich jetzt noch einmal. Die EBITDA Marge stieg dabei auf über 90 Prozent.
Bewertung im Vergleich
Um dem erhöhten Umsatzwachstum und der höheren Marge Rechnung zu tragen, wenden wir in diesem Fall die Rule of 40 an. Wir addieren Umsatzwachstum und Cash Flow Marge. Hier sehen wir, warum Hong Kong Stock Exchange (HKEX) weitaus günstiger ist, als es die 2020 EV/S Kennzahlen auf den ersten Blick verraten. Gegenüber den ehrwürdigen Konkurrenten CME, ICE und LSE ist das Unternehmen wesentlich attraktiver bewertet. Dazu kommt zusätzliches Potenzial aus der hohen Kriegskasse.
Eine Pro-Forma-Addition von Coinbase ändert nichts am Gesamtbild: Auch dann sehen die Asiaten attraktiver bewertet aus. (Coinbase ist eine Glaubensfrage. Ob hier wirklich mittelfristig Wachstum zu erwarten ist, ist eine Frage für eine andere Analyse.)
Börsentitaten im Vergleich*
Umsatzwachstum % | EV/Sales | EV/EBITDA | Rule of 40 % | |
HKEX | 24,1 | 15,0 | 19,2 | 103,2 |
CME | 0.3 | 16,1 | 24,1 | 54,6 |
ICE | 16 | 12,1 | 19,0 | 56,9 |
LSE | 5,6 | 6,2 | 13,4 | 44,0 |
Coinbase* | 40,3 | 16,4 | 34,7 | 88,9 |
*Alle Finanzkennzahlen aus 2021, außer Coinbase Umsatzwachstum und Rule of 40 geometrisch gemittelt 2020-2022
Interessant ist auch eine Gegenüberstellung mit Visa und Mastercard, zwei extrem margenstarken Zahlungsunternehmen. Mit einer EBIT Marge von 83,3 Prozent muss die Börse den Vergleich auch hier nicht scheuen.
EBIT Margin (TTM) | EV/Sales 2021 | |
HKEX | 83,3 | 15,0 |
VISA | 63,5 | 23,1 |
MASTERCARD | 52,2 | 20,7 |
Mit dem Wachstum der nächsten Jahre durch den Homecoming Trend der in den USA gelisteten Unternehmen wird Hong Kong Stock Exchange (HKEX) bei den wesentlichen Maßzahlen indes noch günstiger aussehen.
Risiken
Der Elefant im Raum, was die Risiken für Hong Kong Stock Exchange (HKEX) anbelangt, ist die allmähliche Machtübernahme der chinesischen Zentralregierung in Hongkong und die damit verbundene Unterdrückung politischer Freiheiten der Bevölkerung. Die Bilder sind in der westlichen Presse allgegenwärtig, und es besteht das Risiko, dass westliche Investoren wegen der zunehmenden politischen Spannungen zukünftig Hongkong und China meiden könnten.
IPOs in Hongkong sind keine Selbstläufer. HKEX müsste in Absprache mit Regulierern die Börsenzugangsbedingungen ähnlich attraktiv gestalten wie in den USA. Der Wettkampf zwischen den chinesischen Börsen wird deutlich anziehen.
Fazit
An der stark wachsenden Börse mit sehr hohen Margen und deutlichem Rückenwind durch den geopolitischen Konflikt zwischen China und den USA führt für uns kein Weg an der Börse Hongkong vorbei. Entsprechend haben wir nicht nur für den EM Digital Leaders zugegriffen: Der Wert ist so attraktiv, dass auch Kollege Baki Irmak Hong Kong Stock Exchange (HKEX) inzwischen auch im global anlegenden The DLF hält.
Disclaimer
Der EM Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Hong Kong Stock Exchange. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.
Autor
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Steffen war von 1998 bis 2006 im Fondsmanagement der DWS als Leiter Aktien Osteuropa tätig und dort für bis zu 5 Mrd. Euro AuM verantwortlich. Er wurde für seine Arbeit als Fondsmanager mehrfach prämiert u.a. wurde er von der Zeitschrift Finanzen 2003 mit dem DWS Russia als Fondsmanager das Jahres ausgezeichnet. Anschließend machte er sich in London selbständig und verwaltete über 10 Jahre lang Hedge Fonds. Anfang 2021 stieg er als Partner bei Pyfore Capital ein und ist seither für das Fondsmanagement des EM Digital Leaders verantwortlich.
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2 Responses
Sehr interessanter Titel, danke für die Vorstellung!
Gerne Oliver