Pinterest – Kostenexplosion verschreckt Investoren

8. Mai 2020

Pinterest Kostenexplosion verschreckt Investoren - Handy mit App und Bildern im Hintergrund

Vor wenigen Monaten haben wir in unserem Blog das Unternehmen Pinterest porträtiert. Trotz mancher Zweifel am Willen und der Fähigkeit des Managements, die Beliebtheit der Plattform in Umsätze zu übersetzen, haben wir am Anfang des Jahres eine erste Investition in Pinterest-Aktien vorgenommen. Denn das Unternehmen weist weiterhin ein imposantes Kundenwachstum auf und spricht ein für Werbetreibende sehr attraktives Kundensegment an.

Seither hat sich die Pinterest-Aktie als noch launiger entpuppt als der ohnehin extrem volatile Gesamtmarkt.

Entwicklung der Pinterest Aktie im Vergleich zum SundP 500 und Nasdaq Composite
Entwicklung der Pinterest Aktie im Vergleich zum S&P 500 und Nasdaq Composite.

Die Aktie hat sich zwar seit Jahresverlauf besser entwickelt als der S&P-500-Index, doch zwischenzeitlich gab es wilde Ausschläge in beide Richtungen.

In dieser Woche hat das Unternehmen Zahlen für das erste Quartal 2020 veröffentlicht. Nach überraschend guten Daten von Snap, Alphabet und Facebook schoss im Vorfeld der Zahlen auch die Pinterest-Aktie nach oben; entsprechend hoch waren die Erwartungen. Die Zahlen haben die Investoren enttäuscht. Die Aktie gab daraufhin 15 Prozent nach.

Kosten steigen mehr als Umsätze

Die Investoren hatten im Zuge der Corona-Krise mit einer Umsatzabschwächung im März gerechnet. Das Umsatzwachstum um 34,7 Prozent auf 272 Millionen Dollar für das Gesamtquartal hat daher eher positiv überrascht. Allerdings sind im gleichen Zeitraum die Kosten knapp 70 Prozent auf 418 Millionen und der Verlust auf 141 Millionen Dollar gestiegen.

Aufwendungen für Forschung & Entwicklung haben sich verdoppelt, ein Großteil davon allerdings für aktienbasierte Vergütung. Ähnlich sieht es bei Verwaltungs- und allgemeinen Kosten aus. Hier sind die Kosten um 130 Prozent gestiegen, zumeist auch für Aktienoptionsprogramme. Die Anzahl der Mitarbeiter in diesen Abteilungen ist jeweils um circa 21 Prozent gestiegen.

Da das IPO auf das zweite Quartal letzten Jahres fiel, werden wir zumindest in Q2 nicht mehr diesen krassen Basiseffekt sehen. Da 81 Millionen Dollar Belastungen durch Aktienoptionen liquiditäts-neutral sind, ist der operative Cash Flow im gleichen Zeitraum sogar von 33 auf 57 Millionen gestiegen. Die Kasse des Unternehmens ist mit 1,07 Milliarden Dollar weiterhin prall gefüllt.

Pinterest Überblick Quartalszahlen
Pinterest Überblick Quartalszahlen.

Pinterest sieht den Kostenanstieg vornehmlich als Investitionen in die Plattform: Mehr inspirierende Inhalte, mehr use cases für Nutzer, verbesserte Shopping-Strecken und größere Diversifikation bei den Werbekunden.

Wir haben in unserem letzten Beitrag zur Pinterest Aktie dargelegt, wie spät das Unternehmen angefangen hat, die Werbeplattform auf ein auktions-basiertes System umzustellen, Ads in anderen Ländern außer USA einzuführen und mehr Werbekunden als nur Retail und Consumer Goods anzusprechen.

Ohne diese Investitionen wird diese Plattform weiterhin zu wenig Umsatz generieren. Im zweiten Quartal werden die Kosten mit Ausnahme für Reisen, Events und Marketing nicht zurückgehen. Auch das hat die Investoren vielleicht enttäuscht.

Umsatzkosten steigen mit Kundenwachstum

„Our cost of revenue doesn’t scale with revenue, it scales with the number of users and their engagement.” Diesen Satz hat Todd Morgenfeld in der Analystenkonferenz geäußert. Wenn die Umsatzkosten mit der Kundenzahl und den Kundenaktivitäten hochschnellt, aber das erhoffte Umsatzwachstum ausbleibt, ist das kein dauerhaft erfolgreiches Geschäftsmodell. Pinterest ist kein Value-Wert. Bei Pinterest kauft man nur Zukunft. Und die Zukunft bei Pinterest hängt davon ab, ob man die wachsende Zahl der Kunden in Umsätze und Profite übersetzt, so wie es Facebook, Instagram und selbst Snap vormachen.

Pinterest ist kein Corona-Gewinner

Die monatlich aktiven Nutzer stiegen um 26 Prozent auf nun 367 Millionen. Der Großteil des Wachstums kommt aus dem internationalen Geschäft. In den USA fiel das Kundenwachstum um 6 Prozent dagegen eher schwächer aus als erwartet.

Statistik Monatliche Aktive Nutzer von Pinterest

Das Kundenwachstum ist durch die Folgen von Covid-19 überhaupt nicht beschleunigt worden, so wie wir das bei Facebook, YouTube, Twitter und Netflix beobachten konnten. Auch das hat manche Anleger enttäuscht.

Bei Pinterest geht es eben nicht um Nachrichten, um Kommunikation, um Updates und Events, sondern eher um Inspiration. Das Unternehmen weist dennoch ein gesundes organisches Wachstum auf. Im April soll das Kundenengagement nach Managementaussagen deutlich zugenommen haben, bei Suchanfragen und bei neuen Pinboards um über 60 Prozent.

Mit der Monetarisierung der Kundenbasis kommt Pinterest voran, erlebt allerdings eine deutliche Zäsur durch Covid-19. Der durchschnittliche Umsatz pro Kunde stieg global um 7 Prozent. Mit 75 Prozent der Nutzer, also mit allen internationalen Kunden, verdient man gerade 0,13 Dollar im Quartal. Bei Facebook liegt dieser Wert bei über 4 Dollar.

Pinterest Statistik durchschnittlicher Umsatz pro Nutzer

Pinterest wird auch in Zukunft nicht die ARPU-Werte von Facebook erreichen. Bei Pinterest geht es mehr um Awareness und Branding als um Performancemarketing. Und selbst wenn das Management den Anteil von Performancemarketing mit der Optimierung von Conversion und Shopping-Ads erhöht, bei Facebook und Google Ads geht es fast nur darum.

Dennoch gelingt es Pinterest kontinuierlich, auf niedriger Basis die ARPU-Werte zu steigern. In Europa hat Pinterest erst 2019 angefangen, Werbekunden anzusprechen. In vielen internationalen Märkten kann man immer noch nicht Werbegeld auf der Plattform loswerden.

Auch die Diversifikation auf mehr Branchen kommt bei Pinterest nur schleppend voran. Eine positive Nachricht gab es dann doch. Das Unternehmen sprach von sogenannten „joint business partnerships“ mit Agenturen, also keine Verträge, sondern Absichtserklärungen. Der Wert dieser intendierten Ausgaben hätte sich im Q1 gegenüber Vorjahr verdoppelt.

Man darf bei Pinterest nicht in Quartalen denken. Wer in Pinterest investiert, muss viel Zeit mitbringen.

Pinterest Kostenexplosion – Fazit

Kurzfristig werden die Umsätze niedrig bleiben und die Kosten weiter steigen. Im April hat Pinterest einen Umsatzrückgang von etwa 8 Prozent verzeichnet, ohne Berücksichtigung der Osterfeiertage etwa 1-2 Prozent, der Abschwung Ende März und Anfang April hätte sich so nicht fortgesetzt.

Q2 könnte auf eine flache Umsatzentwicklung hinauslaufen. Die angekündigte Zusammenarbeit mit Shopify ist zumindest ein positives Signal, auch wenn es die nächsten Quartalszahlen wenig beeinflussen wird. Sie zeigt aber, dass die über 350 Millionen Nutzer ein ungehobener Schatz sind. Wer weiß, vielleicht entwickelt sich aus dieser Zusammenarbeit noch eine viel engere Partnerschaft.

Mit einem Enterprise Value von unter 10 Milliarden Dollar und einem EV/Sales von 7 bei weiterhin sehr guten Wachstumsaussichten ist die  Pinterest Aktie für uns weiterhin attraktiv. Wir bleiben daher für das Portfolio von The Digital Leaders Fund weiterhin investiert.

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DISCLAIMER
The Digital Leaders Fund und/oder der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Pinterest. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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Eine Antwort

  1. Hervorragende Analyse/ Update zu Pinterest!
    Ich halte Pinterest ebenfalls für ein spannendes Unternehmen aber wie schon im Artikel beschrieben – man sollte sehr viel Zeit mitbringen. Abgesehen von dem deutlich höheren ARPU-Wachstum fällt mir noch ein weiterer Punkt auf im Vergleich zu Snapchat:
    Teilweise wurde das Thema in der Analyse schon angeschnitten – „Bei Pinterest geht es eben nicht um Nachrichten, um Kommunikation, um Updates und Events, sondern eher um Inspiration.“
    Das hat jedoch nicht nur zur Folge, dass Pinterest kein Profiteur der Corona-Krise ist, sondern zeigt sich auch in der Häufigkeit in Bezug auf die Nutzung der Plattform:
    Ca. 26% der Befragten geben an, dass sie Snapchat mehrmals pro Tag und ganze 28% dass sie die Plattform täglich nutzen – damit rangiert Snapchat direkt hinter Facebook und Instagram. Während es bei Pinterest lediglich 8% sind, die die Plattform mehrmals pro Tag nutzen und 21% tägliche Nutzungen.
    Wahrscheinlich ist es eben genau die Interaktion zwischen den Anwendern, die zu diesen hohen Werten bei den konkurrierenden Applikationen führt und die Pinterest fehlt. Selbstverständlich ist das nur ein Indikator von vielen in Bezug auf das Potential von Social-Media-Plattformen, dennoch sagen diese Zahlen einiges aus. Denn je höher die tägliche Nutzung, desto stärker die Bindung an die jeweilige App und damit auch der Gewohnheitsfaktor, was wiederum positive Auswirkungen auf die Monetarisierung hat.
    Auch wenn ich persönlich nicht investiert bin, traue ich Pinterest noch einiges zu und wünsche vor allem euch viel Erfolg bei diesem Investment! Ebenso bin ich gespannt auf die weiteren Updates von euch. Vielleicht erscheint ja bald auch ein Artikel zu Twitter, die ihr ja auch im Portfolio habt und die ich ebenfalls vorhabe zu analysieren.

    Liebe Grüße
    Konstantin von finanzfunk.net

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