Square – Der Siegeszug der Cash App

13. September 2019

Square Cash App Counter im Einsatz

Wir sind im ersten Teil unseres Porträts zur Square Aktie auf das bemerkenswerte Ökosystem des Unternehmens für kleine und mittelständische Unternehmen (SME) eingegangen. Parallel zum Angebot für SMEs hat Square um die Cash App herum ein einzigartiges Ökosystem für Endkunden aufgebaut, das fast noch spannender ist.


Das Square Ökosystem für Käufer

Square Cash ist ein direkter Konkurrent von Venmo, die zu Paypal gehören. Genauso wie Venmo hat Square Cash zunächst als digitale Brieftasche angefangen. Selbst ohne Konto und ohne Kreditwürdigkeit für eine Kreditkarte können Kunden über die Cash App Geld empfangen und an Freunde und Bekannte versenden. Eine Email genügt. Man muss dazu einfach nur die Cash App herunterladen.

Mittlerweile gibt es zusätzlich die Cash App Kreditkarte in Zusammenarbeit mit Visa, mit der Kunden am Bankautomaten das Geld abheben können. Selbst Bitcoin können Nutzer von Square Cash über die App einfach handeln. Jack Dorsey ist selbst ein bekennender Bitcoin-Fan. Er hat bei Twitter gesehen, welchen Hype Bitcoin ausgelöst hat und so massiv Traffic auf die App gelenkt.

Grafik zeigt Ökosystem von Square Cash
Ökosystem Square-Cash. (Quelle: Square)

Die Square Cash App führt seit etwa zwei Jahren die Hitliste der Downloads in der Kategorie Finanzen in den USA an.

Top-Apps in der Kategorie Finanzen mit Square Cash App auf Platz 1
Square Cash App auf Platz 1: Downloads „Finanzen“ in den USA in Q2. (Quelle: SensorTower)

Der Siegeszug dieser App kam eher leise daher. Zum Großangriff auf Venmo hatten eigentlich Amerikas Banken vor etwa zwei Jahren geblasen. JPMorgan, Bank of America, Wells Fargo, US Bancorp, Capital One u.a. hatten sich zusammengeschlossen und Zelle gegründet, um Paypal und Venmo Paroli zu bieten. Mittlerweile gehören dem Konsortium mehr als 400 Finanzinstitute an, die statt Banküberweisung oder statt Geld papierhaft über Schecks zu transferieren nun alles digital anbieten.

Zelle ist durchaus erfolgreich – im Unterschied zum deutschen Gegenstück Paydirekt – und zumindest bei den Transaktionsvolumina führend. Bei den Downloads ist aber ein anderer Anbieter an allen vorbeigezogen, nämlich die Square Cash App. Im Frühjahr dieses Jahres hat die Cash App auch nach monatlich aktiven Nutzern (MAU) Venmo und Paypal überrundet. Zelle ist weit abgeschlagen.

Allein im Apple Ökosystem kommt die Cash App nun auf über 13 Millionen aktive Nutzer. Zusammen mit den Android-Usern sind insgesamt über 20 Millionen Menschen mit der Cash App unterwegs.

Monatlich aktive iOS User der Square Cash App
Monatlich aktive iOS-User. (Quelle: Sensor Tower)

Wie verdient Square Geld?

Square teilt seine Umsatzströme auf in einerseits Transaktionsumsätze und andererseits Umsätze aus Subskriptionen & Services (S&S).

Transaktionsumsätze sind im Wesentlichen alle Bezahlvorgänge: Für alle Zahlungen mit Kreditkarten berechnet Square 2,75 Prozent. Wenn eine manuelle Eingabe notwendig ist, wird 3,5 Prozent + 15 Cents berechnet. Je nach Nutzung von Square-Hardware, nach Transaktionshöhe und je nach Promotion können diese Zahlungen auch niedriger ausfallen.

Die S&S-Umsätze sind zum Beispiel laufende monatliche Einnahmen aus der Nutzung von Services wie Payroll, aus Square Capital, aber vor allem auch aus Caviar, einem Online-Lieferdienst und Instant Deposit. Wenn ein Verkäufer Zahlungen erhält, dann ist das Geld erst nach mehreren Tagen auf seinem Konto. Mit Instant Deposit kann er gleich über das Geld verfügen. Square berechnet für diese Sofortüberweisung eine Gebühr von 1,5 Prozent. Das gleiche gilt für Cash-App-Kunden, die sofort das Geld auf ihren Konten sehen wollen.

Waren die Q2 Zahlen wirklich so schlecht?

Im zweiten Quartal hat Square 1,17 Milliarden Dollar umgesetzt. Das ist ein Wachstum von 44 Prozent (immer gegenüber dem Vorjahresquartal). Davon kommen etwa 66 Prozent aus dem Transaktionsgeschäft, zusätzlich dazu kommen 10 Prozent der Umsätze aus dem Transaktionsgeschäft mit Bitcoin und 2 Prozent aus Hardwareverkäufen. Es bleiben also knapp 22 Prozent Umsätze aus S&S.

Für die Bewertung von Square ist es wichtig, die direkten Umsatzkosten zu betrachten. Diese machen bei Transaktionen circa 63 Prozent der Transaktionsumsätze aus, bei Bitcoin 98 Prozent, bei S&S allerdings nur 24 Prozent der S&S-Umsätze. Daher ist es sinnvoll, die hohen Transaktionskosten von den Gesamtumsätzen abzuziehen und somit mehr auf die adjustierten Umsätze zu schauen.

Diese sind im Q2 um 46 Prozent gestiegen. Der S&S Umsatz ist im gleichen Zeitraum um 87 Prozent gestiegen. Das Bruttotransaktionsvolumen (GPV) der Square-Verkäufer hat lediglich um 25 Prozent zugelegt. Hier die Zahlen im Überblick:

Übersicht Finanz-Kennzahlen Q2 2019 bei Square
Überblick der Zahlen zum Q2 2019.

Gleichzeitig hat Square im zweiten Quartal deutlich mehr für Forschung und Entwicklung (+52 Prozent) und Sales und Marketing (+59 Prozent) jeweils nach GAAP ausgegeben. Operativ ist das Unternehmen nun nahezu Breakeven und bereits seit 2017 erwirtschaftet Square einen positiven Free-Cash-Flow.

Die Gründe für den Square-Absturz

Bei den Analysten kamen die Q2-Zahlen nicht gut an. Die Guidance für Q3 fiel eher bescheiden aus, aber das Unternehmen hielt an den Zielen für das Gesamtjahr fest. Seither hat der Aktienkurs 27 Prozent verloren.

Besonders missfällt den Analysten das rückläufige GPV-Wachstum. Offensichtlich gelingt es Square nicht mehr im gleichen Maß neue Firmenkunden zu gewinnen, denn das GPV-Wachstum lag in den letzten Jahren noch deutlich über 30 Prozent. Auch der zunehmende Anteil von Großkunden schlägt sich derzeit nicht in einem höheren GPV nieder. Lange Zeit hatte Square diese Größe sehr exponiert kommuniziert, so dass viele Analysten sehr fixiert darauf blicken. Allerdings hat der Umsatzmix bei Square sich deutlich verändert. Über 40 Prozent des Bruttoertrages kommen bereits heute aus S&S, Tendenz steigend.

Dennoch muss man die GPV-Entwicklung kritisch betrachten. Langfristig werden die Service-Umsätze im SME-Geschäft nur wachsen, wenn die Firmenkunden von Square auch deutlich mehr Umsätze machen. Daher hat Square die Marketingkosten deutlich hochgefahren, das wird auch im dritten Quartal anhalten. Zudem beabsichtigt Square die Hardwarepreise deutlich zu reduzieren, um so mehr Kunden zu gewinnen. Beides wird allerdings die operative Marge zunächst belasten.

Caviar geht an DoorDash

Square hat angekündigt, den firmeneigenen Restaurant-Lieferdienst „Caviar“, an DoorDash für 410 Millionen Dollar in Aktien und Cash zu verkaufen. Square hatte Caviar in 2014 für weniger als 100 Millionen Dollar übernommen. DoorDash ist mittlerweile der größte Lieferdienst für Lebensmittel in den USA, noch vor GrubHub und UberEat.

Manchen Analysten mag dieser Verkauf eines erst vor 5 Jahren zugekauften Geschäftsbereiches zwar irritieren, wir können dem Deal allerdings viel Positives abgewinnen. Caviar war immer schon ein Fremdkörper in Squares Portfolio. Allerdings hat Square dank Caviar eine Software für die Zusammenarbeit von Restaurants mit Lieferdiensten entwickelt, die auch DoorDash nutzt. Diese Partnerschaft könnte ausgeweitet werden, so dass die Umsätze von Caviar in S&S fehlen werden, aber ein Teil davon in einem höheren GPV sich bald in den Bilanzen wiederfindet.

Wir wissen nicht, wie viel Umsätze aus Caviar kommen. Nehmen wir an, DoorDash hat das 4-fache der Umsätze bezahlt (so ist GrubHub gerade bewertet), dann kommen wir auf einen Umsatz von etwa 100 Millionen Dollar. Die Margen sind hier allerdings deutlich niedriger als im restlichen S&S-Geschäft. Das sollte also die operative Marge positiv beeinflussen.

Cash App treibt Umsatzwachstum

Die alles überstrahlende Entwicklung bei Square ist das Wachstum der Cash App. Im zweiten Quartal hat die Cash App 135 Millionen Dollar Umsätze erwirtschaftet (mit Bitcoin zusammen sogar 260, aber Bitcoin ist m.E. ohnehin nur reines Marketing). Das sind mehr als 50 Prozent der Umsätze im S&S-Geschäft.

Neben der Monetarisierung der App durch Instant Deposit wächst auch die Zahl der Cash Card (eine Prepaid-Card zusammen mit Visa) deutlich. Square hat im zweiten Quartal 3,5 Millionen aktive Cash-Card-Nutzer bekanntgegeben, also etwa 20 Prozent Durchdringung bei den aktiven App-Nutzern. Ein Blick auf die Juli- und Augustzahlen bei den Downloads zeigt, dass die Umsätze hier noch weiter deutlich angezogen haben.

Lange hat das Wachstum der SME-Kunden die Nutzung der Cash App befeuert. Wenn dort wöchentlich oder in den Restaurants sogar täglich Payday ist, dann bekommen die Mitarbeiter die Gehälter oft einfach auf die Cash App überweisen. Oder sie erhalten eine Email mit der Aufforderung, die Cash App herunterzuladen. Wenn diese dann an Freunde und Bekannte Geld überweisen, passiert das Gleiche.

Das Wachstum der Cash App hilft auch den Square-Businesskunden. Die über 20 Millionen Cash-App-Nutzer zahlen bevorzugt in Geschäften, die Square-Bezahldienste anbieten, denn mit der Cash App bekommen sie deutliche Preisnachlässe im Rahmen eines Loyalitätsprogramms.

Square versucht das Engagement innerhalb der Square Plattformen mit weiteren Innovationen auszuweiten. Für Square Firmenkunden gibt es nun auch eine Kreditkarte, die deutliche Preisnachlässe bietet, wenn sie Waren von anderen Square-Kunden bestellen.

Fazit zu Square

Square hat für das dritte Quartal ein Wachstum beim adjustierten Umsatz von 38 Prozent und für das Gesamtjahr 43 Prozent prognostiziert. Wir halten das für eine sehr konservative Schätzung. Angesichts der aktuellen Entwicklung der Cash App sollte Square weiterhin mehrere Quartale über 40 Prozent wachsen, mit vielleicht sogar zunehmender Verbesserung der Marge. Wir rechnen eher mit einem adjustierten Umsatz in 2020 von etwa 3 Milliarden Dollar, statt derzeit von Analysten prognostiziert von etwa 2,7 Milliarden Dollar.

Damit wäre Square mit einem forward EV/Sales(adjustiert) von circa 8 sicher nicht günstig, allerdings deutlich attraktiver als viele andere Unternehmen, die über 40 Prozent wachsen und Gewinne erwirtschaften.

Allerdings wird die Konkurrenz im Payment-Markt immer größer. Mit Fiservs Übernahme von First Data gibt es zunehmend stärkere Player im POS-Markt. Zugleich greift Zelle mit deutlich günstigeren Konditionen Venmo und die Cash App an. Auch missfällt uns die Doppel-CEO-Rolle von Jack Dorsey als Twitter- und Square-Chef. Ein halber Jack Dorsey mag zwar mehr wert sein, als viele 100-Prozent CEOs, aber ein Fokus auf Square würde uns besser gefallen, zumal er hier auch deutlich mehr Anteile hält.

Daher haben wir trotz unserer Begeisterung für diesen “Digital Business Leader” zunächst nur eine kleinere Einstiegsposition von Square für das Portfolio des DLF gekauft.

Wir werden das spannende Unternehmen intensiv weiter beobachten und bei entsprechender Entwicklung unseren Anteil erhöhen. Wenn Du keine Neuigkeiten rund um Square verpassen willst, dann solltest Du jetzt hier unseren Newsletter – natürlich kostenlos – bestellen.


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Autor

  • Baki Irmak

    Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

Baki Irmak

Baki Irmak

Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.

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2 Antworten

  1. Die Doppel CEO Rolle von Dorsey war bisher immer mein Grund, nicht zu investieren. Ich bleibe diesem Prinzip erstmal treu.

    Mich wuerde interessieren, wie Ihr das Wachstum ausserhalb der USA sieht. Square scheint sich ausschliesslich auf die USA und Kanada zu fokussieren. Seht Ihr das eher positiv oder negativ?

    1. Ich sehe das auch kritisch. Allerdings profitiert Square auch davon. Square hat extrem niedrige Kundenakquise-Kosten. Das liegt auch daran, wie genial die Twitter für Kampagnen nutzen. Kein Wunder, Jack Dorsey sollte wissen, welche Werbung auf Twitter funktioniert.
      Btw: Sein persönliches Vermögen ist derzeit stärker an den Aktienkurs von Square geknüpft. Er hält mehr als 14 Prozent an Square aber weniger als 2 Prozent bei Twitter. Die Marketcap bei Twitter ist aktuell bei 33 Mrd, bei Square ca. 24 Mrd. Dollar.
      Im Ausland ist Square derzeit in Canada, UK, Japan, Irland und Australien. Etwa 5 Prozent der Umsätze kommen aus dem internationalen Geschäft. Square will im Ausland wachsen, kommt aber hier nur langsam voran. Das ist eher schade. Eine regionale Diversifikation wäre schon wünschenswert.

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