Im April 2018 kurz nach dem Start des Digital Leaders Funds (DLF) haben wir hier auf dem Blog Disney vorgestellt und erklärt, warum wir den Transformation Leader Disney dem Digital Business Leader Netflix vorziehen.
Bisher ging diese Entscheidung auf, denn während Netflix seit Auflegung unseres Fonds sogar 2% verloren hat, konnte die Disney Aktie seitdem knapp 25 Prozent zulegen (jeweils in Euro).
Bei der Vorstellung der Zahlen letzte Woche hat Disney seine Pläne für das eigene Streaming-Angebot konkretisiert.
Grund genug zu diesem Thema ein kurzes Update zu schreiben.
Disney+ wird Ende 2019 ausgerollt
Disney+ soll das Video-on-Demand Angebot heißen.
Das ist nicht der originellste Name, aber bei der Markenkraft ein nachvollziehbarer Weg.
Das zugehörige Logo und eine eigene Disney+ Website gibt es auch schon.
Beim Angriff auf Amazon Prime und Netflix hat das Unternehmen mit den Marken Disney, Pixar, Marvel, Star Wars and National Geographic ein Spektakel an Unterhaltung versprochen:
Der Großmeister des Live-Action-Films Jon Favreau (The Jungle Book u.a.) produziert den ersten Star-Wars-Film in diesem Stil, das von Fans mit Spannung erwartete Epos The Mandalorian.
Bisher bekannt sind unter Anderem auch die Serie Star Wars Clone Wars, Pixars Monsters, eine Marvel-Serie über Loki mit Tom Hiddleston, Noelle mit Anna Kendrick, Togo mit Willem Dafoe. Alles exklusiv für Disney+.
Dazu kommen neue Tierdokumentationen von National Geographics, Remakes alter Disney Shows und Filme sowie den umfassendsten Zugang zur größten Filmbibliothek der Welt für die Abonnenten von Disney+.
Content ist King in der Video-on-Demand-Industrie und daran wird es bei Disney nicht scheitern.
In der Filmindustrie hat sich für Filme eine Verwertungskette von Kinoaufführung, über DVD und Blu-ray, Einzelabruf-Streaming, Free TV etc. etabliert.
Als dominanter Spieler wird Disney auch hier seine Macht nutzen, Disney+ mit exklusiven Rechten zu versehen.
300 Millionen USD bekommt Disney derzeit für Pay-TV-Rechte von Netflix für Kinofilme.
Den Vertrag hat Disney mit Wirkung 2019 gekündigt.
Filme wie “Captain Marvel”, “Dumbo”, “Toy Story 4”, “The Lion King”, “Frozen 2” laufen ab 2019 auf Disney+ und nicht etwa auf Netflix.
Andere Verträge mit Medienunternehmen und Kabelbetreibern wie Comcast und AT&T laufen länger, werden aber wahrscheinlich ebenfalls sukzessive gekündigt.
Kann Disney Direct-to-Consumer (DTC)?
Mit der Übernahme von 75 Prozent der Anteile von BAMtech in 2017 hat Disney eine eigene Streaming-Technologie für die großen Ambitionen zugekauft und damit die Basis gelegt für die Streaming-Angebote.
Im Unterschied zu Amazon und Apple hat Disney jedoch bisher kaum Erfahrungen mit Endkunden online, um ähnlich wie bei den beiden Internetgiganten in kürzester Zeit global Millionen von Kunden mit einer Zusatzdienstleistung zu gewinnen.
DTC-Video-Streaming ist aber ein Skalengeschäft.
Das Analystenhaus Bernstein Research glaubt, dass Disney mindestens 40 Millionen Abonnenten braucht, um bei einem Durchschnittspreis von 6 USD pro Monat profitabel zu wirtschaften.
Wir gehen allerdings ohnehin von einem höheren Preis aus.
Daher schaut man aktuell ganz genau auf den Erfolg von ESPN+, das ist der AddOn-Streaming-Dienst für das eigene Sportprogramm, den Disney im April dieses Jahres gestartet hat.
Mit über 1 Millionen Abonnenten in 6 Monaten hat ESPN+ die Erwartungen des Marktes übertroffen und Disney einen ersten Achtungserfolg im Streaming-Business beschert.
Hier eine Übersicht wie die anderen traditionellen Mediengiganten in den Streaming-Markt vorstossen:
Hulu, Disney+ und ESPN+, wie passt das zusammen?
Nach der milliardenschweren Übernahme von großen Teilen des US-Medienkonzerns 21st Century Fox hat sich Disney nicht nur die Rechte an Filmen wie Avatar, Deadpool und X-Men gesichert, sondern auch 39 Prozent an Sky und 60 Prozent der Anteile am Videoportal Hulu.
Hulu betreibt seit Jahren in den USA einen Video-on-Demand-Service mit mittlerweile über 20 Millionen Abonnenten.
Allerdings hat Disney hier auf die Interessen der anderen Gesellschafter, Comcast und AT&T Time Warner, Rücksicht zu nehmen und kann daher nur mit gebremster Euphorie Änderungen angehen.
Nach den Vorstellungen von Disney-CEO Robert Iger ist der zukünftige Auftritt der drei Streaming-Dienste aber klar:
Hulu zielt auf Kunden ab, die breite und allgemeine Fernsehunterhaltung wollen, Disney+ ist der Streaming-Dienst für die Familie, während ESPN+ Sportbegeisterte anspricht.
Auch bietet Hulu eine kostengünstige Abo-Variante mit Werbung an und bietet Disney die Chance, attraktiv für Werbekunden zu werden, da vernetztes Fernsehen eine viel gezieltere Kundenansprache erlaubt als lineares Fernsehen.
Disney gegen Amazon und Netflix – Fazit
Die Fernseh- und Filmindustrie ist nach Dekaden von klarer Rollenverteilung und etablierten Verwertungsketten von einem Branchenneuling namens Netflix innerhalb von wenigen Jahren überrollt und neu definiert worden.
Seither wollen alle den direkten Zugang zum unterhaltungssüchtigen Endkunden: Medienimperien wie Disney, Kabelbetreiber wie AT&T und Internetgiganten wie Amazon und Apple.
Auf kaum einem anderen Gebiet ist aber der Inhalt, die Content-Bibliothek, das eigentliche Produkt im digitalen Zeitalter so wichtig wie in der Unterhaltungsindustrie.
Daher glauben wir, dass Disney trotz der späten Erkenntnis die Transformation zum DTC-Anbieter schafft und zu den Gewinnern dieses Wettrennens zählen wird.
Dazu kommt, dass es operativ bei Disney gut läuft, alleine im letzten Quartal wurde ein operativer Cashflow von $3,8 Milliarden erzielt.
Im Gegensatz zu Netflix kann Disney also weiter massiv in Content investieren, ohne auf weitere Verschuldung oder eine Verwässerung der Aktionäre durch eine Kapitalerhöhung angewiesen zu sein.
Und mit einem KGV von circa 15 ist die Disney Aktie auch heute noch zu einem attraktiven Preis zu haben.
Daher haben wir aktuell Disney als Digital Transformation Leader mit über 5 Prozent im Portfolio des DLF gewichtet.
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Autor
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Baki war viele Jahre in leitender Funktion für den Deutsche Bank Konzern und DWS tätig. Zuletzt u.a. als Global Head of Digital Business für die Deutsche Asset & Wealth Management und Mitglied im Digital Executive Commitee der Deutschen Bank. Seine berufliche Laufbahn hat er als Fondsmanager für Technologie, Telekommunikation und Medien bei BHF Trust begonnen. Danach war er Fondsmanager bei der Commerzbank und ABN Amro.
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