Cloud Computing: Welche Aktien sind die besten?

19. Oktober 2023

Cloud Computing ist eine entscheidende Infrastruktur im digitalen Zeitalter. Im zweiten Teil unserer Serie stellen wir die wichtigsten Anbieter vor – und untersuchen, ob ihre Aktien auch das Zeug haben, Anleger glücklich zu machen. 

Im ersten Teil unserer Serie zu Cloud Computing haben wir erläutert, warum Growth-Unternehmen, die von der Digitalisierung profitieren, ihren Erfolg ohne Cloud-Computing-Dienste nicht erreicht hätten. Im heutigen Beitrag stellen wir die führenden Anbieter von Cloud-Diensten vor und analysieren anhand ihres Wachstums, ihrer Margen und Bewertungen, ob die Aktien attraktiv für Anleger sind.

Cloud Computing: AWS thront über allen

Die von uns untersuchten führenden Cloud-Anbieter erwirtschaften insgesamt einen Umsatz von rund 250 Milliarden US-Dollar in 2022 mit der Bereitstellung von Cloud-Diensten. Die untere Tabelle zeigt, dass es sich um die Who’s Who von Big Tech handelt: Amazon, Microsoft, Google und Alibaba zählen ebenso dazu wie einige Legacy-Tech-Unternehmen wie IBM, Oracle oder SAP. Wir haben bereits im ersten Teil der Serie dargestellt, wo sich die Cloud-Systeme im Einsatz befinden. Daher dürfte es unsere Leser nicht überraschen, dass – ungeachtet der Vielfalt der Anbieter – ein Player alle anderen um Längen überragt: Amazon Web Services (AWS).

Cloud Computing - Anbieter
Daten per 30.9.2023, Quelle: Pyfore Capital

AWS bietet eine breite Palette umfassender Dienste an und hat mit rund 32 Prozent der Ausgaben für Cloud-Infrastrukturdienste den größten Marktanteil. Microsoft Azure und Google Cloud Platform (GCP) sind mit Marktanteilen von 15 Prozent bzw. 10 Prozent wichtige Wettbewerber. Zusammen entfallen auf diese drei Anbieter fast 60 Prozent der Ausgaben für Cloud-Infrastrukturdienste. Dass IBM und Oracle einen höheren Marktanteil als Microsoft und Google haben, liegt an der weiteren Definition des Cloud-Segments und umfasst viel Legacy-Geschäft.

Gesamtmarkt Cloud Anbieter
Daten per 30.9.2023, Quelle: Factset

Wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, hat der Gesamtmarkt für Cloud-Dienste heute einen Wert von rund 250 Mrd. USD und ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Es ist jedoch anzumerken, dass es sich hierbei um eine zyklische Branche handelt, in der sich die historischen Wachstumsraten von 25 Prozent aufgrund der weltweiten Verlangsamung der makroökonomischen Expansion auf etwa 15 Prozent pro Jahr im vergangenen Jahr verlangsamt haben. Amazon und Google Cloud konnten ihren Marktanteil erhöhen, wobei Google Cloud das beständigste Wachstum der beobachteten Unternehmen aufweist – und zuletzt auch mit einem Sales-Wachstum von 37 Prozent Marktführer AWS in den Schatten stellte, der 2022 um 29 Prozent zulegen konnte. Trotz des historisch robusten Wachstums war Alibaba das einzige Unternehmen, das im vergangenen Jahr ein negatives Wachstum verzeichnete. Hier dürfte sich der KPC-Regulierungsschock der letzten Jahre und die Abschwächung der chinesischen Wirtschaft bemerkbar machen.

Die nachstehende Tabelle zeigt die Anbieter von Cloud Computing, die von den Unternehmen mit dem höchsten Web-Aufkommen genutzt werden. Die Spitzenreiter in Bezug auf den Webverkehr sind Facebook, Twitter und YouTube. Facebook führt das Feld mit überwältigenden 7.188 Millionen monatlichen Besuchern an. Das Unternehmen hostet seine Dienste auf seiner eigenen Cloud-Infrastruktur und demonstriert damit ein hohes Maß an Kontrolle und Anpassungsfähigkeit seiner Plattform. Auch Twitter verzeichnet mit 2.950 Millionen monatlichen Zugriffen einen erheblichen Datenverkehr. Die Nutzung von Google- und Amazon-Cloud-Diensten zeugt von einem strategischen Ansatz zur Gewährleistung der Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit der Plattform. YouTube hat mit 2.620 Millionen monatlichen Zugriffen eine große Nutzerbasis. Das Unternehmen nutzt die unternehmenseigene Cloud-Infrastruktur von Google. Was die Anzahl der Nutzer betrifft, so zeigen die vorherigen Zahlen, dass Amazon der dominierende Anbieter von Cloud-Diensten ist. Von den von uns analysierten Unternehmen nutzen 11 Amazon als Cloud-Service-Anbieter. Diese Unternehmen haben ihren Cloud-Service-Anbieter auf der Grundlage verschiedener Faktoren wie Leistung, Kosten und strategischen Partnerschaften ausgewählt. Amazon Web Services (AWS) ist als Pionier die beliebteste Wahl unter diesen Unternehmen mit hohem Datenverkehr , gefolgt von Google Cloud Platform und Microsoft Azure.

Cloud Computing - MAU
Daten per 30.9.2023, Quelle: Similarweb

Cloud Computing Aktien: Wer überzeugt als Investment?

Fundamentaldaten Cloud Anbieter
Daten per 30.9.2023, Quelle: Factset

Es folgt ein Blick auf die Fundamentaldaten unserer Cloud-Service-Provider, deren wichtigste Kennzahlen in der unteren Tabelle zusammengefasst sind. Es ist wichtig zu beachten, dass sich diese Zahlen auf das gesamte Unternehmen beziehen, im Gegensatz zu den Daten zu Umsatz, Wachstum und Marktanteil, die wir weiter oben vorgestellt haben und die sich ausschließlich auf das Segment der Cloud-Services konzentrieren.

Betrachtet man das historische 5-Jahres-Umsatzwachstum zusammen mit dem prognostizierten Gewinnwachstum, so ist eine deutliche Verlangsamung des Wachstums zu erkennen. Ausnahmen sind hier Microsoft und SAP, die in der Lage waren, die Gewinndynamik aufrechtzuerhalten. 

Alibaba-Aktie: Fundamentaldaten attraktiv, F&E-Ausgaben niedrig

Das 5-Jahres-Umsatzwachstum von 30,4 Prozent und ein prognostiziertes Wachstum von fast 10 Prozent sind bemerkenswert. Sie belegen ein stetiges Umsatzwachstum über einen langen Zeitraum. Obwohl das Unternehmen 6,5 Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung ausgibt, was vergleichsweise niedriger ist als bei einigen seiner Konkurrenten, spiegelt es dennoch ein Engagement für Innovation wider. Das relativ niedrige Verhältnis von Unternehmenswert zum Umsatz von 1,14 deutet darauf hin, dass die Alibaba-Aktie unterbewertet ist. Der Unternehmenswert des Unternehmens in Höhe von 144,50 Mrd. US-Dollar ist deutlich niedriger gegenüber den Vergleichsunternehmen. 

Der Hauptfaktor für diese relativ günstigen Zahlen im Vergleich zu anderen Unternehmen ist jedoch das Länderrisiko Chinas. Damit Alibaba Bewertungen erreichen kann, die eher dem Branchendurchschnitt entsprechen, wären umfassendere Veränderungen der Rahmenbedingungen für den chinesischen Kapitalmarkt erforderlich. Der verschärfte Regulierung von Tech-Unternehmen seit 2021 durch die KPC ist Legende. Zuvor hatten Anleger wegen der zunehmenden Öffnung des chinesischen Kapitalmarkts für ausländische Investoren noch gefeiert. Heute ist dagegen Zurückhaltung angesagt, was angesichts der verschärften Spannungen zwischen den USA und China nicht verwundert. 

Kurzfristig orientierte Anleger könnten Alibaba daher weniger attraktiv finden, während langfristig orientierte Anleger mit einer höheren Risikotoleranz möglicherweise von den derzeit attraktiven Bewertungen profitieren könnten.

Adobe und Microsoft: Rentabilität und Wachstum

Adobe und Microsoft mögen zwar höher bewertet sein, bieten aber eine hohe Rentabilität und haben ein solides Wachstumspotenzial. Microsoft (MSFT) weist mit einer Bruttogewinnmarge von 69 Prozent und einer robusten Nettogewinnmarge von 34 Prozent  beeindruckende Rentabilitätszahlen auf. Diese Zahlen weisen auf ein gesundes Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben hin, was zu beträchtlichen Gewinnen führt. Das Unternehmen investiert auch stark in Forschung und Entwicklung (F&E) und wendet 12,83 Prozent seiner Einnahmen für Innovation und technologischen Fortschritt auf. Microsoft verfügt über den höchsten freien Cashflow von 59,48 Mrd. Dollar, was auf eine starke finanzielle Stabilität und reichlich Liquidität schließen lässt.

Microsoft hat auch den höchsten Enterprise Value unter allen Cloud-Providern mit 2,34 Billionen US-Dollar. Der Enterprise Value umfasst  den Gesamtwert des Unternehmens einschließlich Marktkapitalisierung, Schulden und verfügbarer Barmittel. Dies unterstreicht den Status des Unternehmens als eines der wertvollsten Unternehmen der Welt. Was die Bewertung im Vergleich zu anderen Unternehmen angeht, so steht die Bewertung von Microsoft im Einklang mit dem prognostizierten Wachstum und der Rentabilität.

Adobe (ADBE) zeichnet sich durch die höchste Bruttogewinnmarge von 87 Prozent  aus, was darauf hindeutet, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen nach Berücksichtigung der Produktionskosten erhalten bleibt. Die Nettogewinnspanne von 27 Prozent unterstreicht die Fähigkeit des Unternehmens, Einnahmen in Gewinne umzuwandeln. Das Unternehmen weist auch ein bemerkenswertes prognostiziertes Gewinnwachstum von 12,5 Prozent auf, was auf einen positiven Ausblick auf das zukünftige Gewinnpotenzial hindeutet. Dies deutet auf ein dynamisches und expandierendes Geschäftsmodell hin.

Darüber hinaus weist Adobe mit einem Wert von 63 eine robuste Rule of 40 auf. Dieser Wert steht für eine harmonische Mischung aus hohem Wachstum und Rentabilität, was für potenzielle Anleger ein gutes Zeichen ist. Mit einem Unternehmenswert-Umsatz-Verhältnis von fast 14 erscheint die Aktie jedoch im Vergleich zu der Peer Group und auch den eigenen historischen Daten relativ teuer – selbst vor dem Hintergrund der attraktiven Wachstums- und Rentabilitätskennzahlen .

Amazon (AMZN) hat eine relativ niedrige Bruttogewinnmarge von 44 Prozent, was darauf hindeutet, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen auf die Produktionskosten entfällt. Das ist natürlich nicht untypisch für ein Unternehmen, das einen Großteil der Umsätze im E-Commerce erwirtschaftet. Der freie Cashflow des Unternehmens war in den Jahren 2021 und 2022 negativ, was auf höhere Betriebskosten, wie z. B. höhere Versand- und Arbeitskosten, zurückzuführen ist. Außerdem haben sich die Investitionsausgaben des Unternehmens im Vergleich zu seiner langfristigen Durchschnitt fast verdoppelt. 

Amazon ist es jedoch gelungen, diese Situation im Jahr 2023 umzukehren. Der erwartete Capex für 2023 relativ zum Umsatz liegt 25 Prozent niedriger, ebenso hat sich der operative Cashflow im Verhältnis zu den Umsatzzahlen durch eine bessere Kontrolle der Betriebskosten um fast 50 Prozent verbessert, was dazu führt, dass die Free Cashflow-Margen fast wieder die Werte von vor der Covid-Krise erreichen könnten. Amazon ist im Verhältnis zu seiner eigenen Bewertungshistorie und im Vergleich zu den anderen Unternehmen in diesem Geschäftssegment attraktiv bewertet. Darüber hinaus behauptet das Unternehmen seine Position im Bereich der Cloud-Services, so dass der Zeitpunkt günstig ist, um es als potenzielle Investition in Betracht zu ziehen.

Bei den übrigen Unternehmen in unserer Analyse stellen wir fest, dass diese Unternehmen in Übereinstimmung mit ihren fundamentalen Bewertungen gehandelt werden, was darauf hindeutet, dass ihre aktuellen Marktpreise ihren inneren Wert angemessen widerspiegeln.

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Disclaimer

Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

Autor

  • Stefan Hartmann

    Stefan schaut auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung in den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Derivate und Hedge Funds zurück. In seiner Tätigkeit als globaler Leiter des Quantitativen Research Teams bei ABN AMRO, hat er über 300 institutionelle Kunden in den USA, Europa und Asien zu allen Fragen des Investment Prozesses beraten. Zuvor war er 10 Jahre bei Salomon Smith Barney als Leiter des quantitativen Research Teams für Europa tätig, wo er Top Rankings in den großen Research Surveys erzielte. Stefan hat über 50 Research Veröffentlichungen zu allen Aspekten des Investment Prozesses in Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Währungen publiziert.

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Stefan Hartmann

Stefan schaut auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung in den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Derivate und Hedge Funds zurück. In seiner Tätigkeit als globaler Leiter des Quantitativen Research Teams bei ABN AMRO, hat er über 300 institutionelle Kunden in den USA, Europa und Asien zu allen Fragen des Investment Prozesses beraten. Zuvor war er 10 Jahre bei Salomon Smith Barney als Leiter des quantitativen Research Teams für Europa tätig, wo er Top Rankings in den großen Research Surveys erzielte. Stefan hat über 50 Research Veröffentlichungen zu allen Aspekten des Investment Prozesses in Aktien, festverzinsliche Wertpapiere und Währungen publiziert.

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