Wie die Welt nach der Corona Pandemie aussehen könnte

9. April 2020

Corona Pandemie - Wie könnte die Welt danach aussehen - Bild von Erdkugel mit Mundschutz

Die Nachrichten sind seit Wochen voll mit Berichten über die unmittelbaren Folgen der Corona Pandemie. Langsam stumpfen viele der Zuschauer ab und gewöhnen sich an die schrecklichen Zahlen der Infizierten und Toten. Und auch daran, dass sich Wissenschaftler und Politiker uneins darüber sind, wie denn nun der Virus am besten bekämpft werden sollte und wann und wie das öffentliche Leben wieder in Gang gebracht werden kann.

Aber warum redet kaum jemand über das Leben in der Post-Corona-Ära? Jeder scheint davon auszugehen, dass wir früher oder später zu unserem alten Leben zurückkehren werden. Ich sehe das anders: ich denke, dass sich zumindest unsere westliche Welt in Zukunft erheblich unterscheiden wird von der Vor-Corona-Ära und dass man sich gerade als langfristig ausgerichteter Investor heute schon auf die folgenden Veränderungen einstellen sollte.

Arbeiten im Home-Office

Ohne den Corona-Virus hätte es noch viele Jahre gedauert, bis das Arbeiten im Home-Office auch außerhalb der Tech-Branche breite Akzeptanz gefunden hätte. Für viele im letzten Jahrhundert stehengebliebenen Mikro-Manager in deutschen Konzernen war es vor Corona unvorstellbar, dass ihre Mitarbeiter auch ohne ihre persönliche Aufsicht produktiv arbeiten können. Das Virus hat allen Zweiflern bewiesen, dass Arbeiten von zuhause nicht nur möglich, sondern oftmals gar effizienter ist als das tägliche Miteinander im Büro.

Corona Pandemie - Arbeiten im Home Office - Bild von Laptop vor Bücherregal in der Wohnung
Arbeiten im Home-Office durch die Corona Pandemie bald selbstverständlich?

In der Nach-Corona-Welt wird es selbstverständlich sein, dass ein Arbeitnehmer immer gerade dort arbeitet, wo es für das Unternehmen aber auch für den Mitarbeiter am sinnvollsten ist. Das kann im Büro sein, aber immer öfter wird dank der modernen Collaborations-Tools die Arbeit von zuhause oder von unterwegs erfolgen.

Statt Work-Life-Balance ist in der Post-Corona-Ära vielmehr Work-Life-Integration gefragt. Das verlangt vom einzelnen Mitarbeiter die Selbstdisziplin, das Smartphone auch mal wegzulegen und vom Mikro-Manager der alten Schule mehr Vertrauen in die Eigenverantwortlichkeit seines Teams. Wer sich darauf einlässt, der wird erfahren wie viel mehr Freiheit man nicht nur als Freelancer, sondern auch als Angestellter in dieser neuen Arbeitswelt verspüren kann, ohne gleichzeitig an Produktivität einzubüßen.

Reisetätigkeit nimmt ab

Ich befürchte, dass Reisen auf viele Jahre hinaus nicht wieder so unkompliziert möglich sein wird wie vor Corona. Kaum vorstellbar, dass die internationalen Grenzen alsbald wieder uneingeschränkt geöffnet werden und dass ständiges Pendeln zwischen den Kontinenten auch künftig wieder wie früher zum Alltag für ganze Berufsgruppen gehören wird. Gerade internationale Geschäftsreisen werden erheblich reduziert werden: einerseits hat man jetzt aus der Not geboren festgestellt, dass virtuelle Meetings oftmals ausreichend sind. Andererseits werden in der kommenden Rezession Kosten reduziert und Reisebudgets zusammengestrichen.

Aber auch unabhängig von wirtschaftlichen Notwendigkeiten deuten Trends zur künftigen Risikominimierung auf wesentlich weniger Reisen hin: sowohl auf betriebswirtschaftlicher Ebene als auch volkswirtschaftlich sollen zukünftig Abhängigkeiten von anderen Ländern reduziert werden. All diese Trends zusammen bedeuten, dass der Grad der Globalisierung in den kommenden Jahren in Teilbereichen  zurückgedreht werden wird. 

Ich rechne damit, dass die internationale Reisetätigkeit auf Jahre hinaus nicht mehr das Niveau von 2019 erreichen wird.

Corona Pandemie – Das Bargeld stirbt aus

Schon vor Corona war der Trend zum bargeldlosen Bezahlen unaufhaltsam. Ich hatte mich in den letzten Jahren beim Blick auf die Statistiken für Deutschland schon immer gewundert, warum die Deutschen noch immer ein Volk der Bargeld-Fans sind. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Erst in 2019 hat der Umsatzanteil der Kartenzahlung auch hierzulande die Barzahlung als häufigste Zahlungsart abgelöst.

Doch jetzt könnte die weitgehende Ablösung des Bargelds ganz schnell gehen. Denn auch beim Payment findet gerade in Windeseile ein Digitalisierungssprung statt. Sogar bei meinem lokalen Bäcker und Metzger kann ich seit wenigen Wochen mit meinem Smartphone auch Kleinstbeträge kontaktlos via Apple Pay zahlen, ohne schief angeschaut zu werden. Genauso wie ich mobiles Bezahlen z.B. aus USA oder UK schon vor etlichen Jahren gewohnt war.

Die Krise der Sharing Economy

Eine junge Branche, die durch die Corona Pandemie aktuell besonders heftig getroffen wird, ist die Sharing Economy. Unter diesem Sammelbegriff werden alle Plattform-Firmen zusammengefasst, deren Geschäftsmodelle darauf basieren, dass sie eine geteilte Nutzung von ansonsten nur teilweise genutzten Ressourcen ermöglichen.

Das können Autos sein wie z.B. bei Carsharing-Diensten wie Uber oder Lyft. Deren Aktien hatten sich ja seit dem IPO nicht besonders gut entwickelt und waren auch für uns schon vor Corona nicht als interessant für das Portfolio des DLF betrachtet worden.

Corona Pandemie - Krise der Sharing Economy - Symbole Auto Menschen Fahrrad vor Skyline einer Stadt
Krise der Sharing Economy durch die Corona Pandemie.

Noch schlimmer trifft es wohl die E-Scooter-Unicorns wie die US-Unicorns Lime und Bird und ihre europäischen Konkurrenten Voi und Tier. Vor nicht allzu langer Zeit wurden sie als IPO Kandidaten gehandelt, jetzt steht wohl unter dem Druck von Corona sehr zügig eine Konsolidierungswelle bevor. Wahrscheinlich werden wir gar die Pleite des ein oder anderen Anbieters sehen.

Insgesamt könnte Corona sogar zu einem Revival der persönlichen Mobilität führen. Das dürfte zu Lasten der genannten Ridesharing-Anbieter gehen, aber auch der öffentliche Nahverkehr dürfte es im Zuge der wohl kommenden Schutzmaskenpflicht schwer haben, seinen Aufwärtstrend fortzusetzen.

Das könnte vorteilhaft zumindest für diejenigen Automobilhersteller sein, die die Zeichen der Zeit erkannt und die Weichen in Richtung e-Mobilität und vernetztes Fahren gestellt haben.

Die Krise der Sharing Economy zeigt sich nirgends so deutlich wie bei Airbnb. Das Schreckgespenst der Hotellerie-Branche hatte seinen IPO eigentlich für 2020 geplant. Das dürfte jetzt aufgrund der Corona-Krise unmöglich geworden sein. So ist es wenig überraschend, dass es vor wenigen Tagen eine weitere außerbörsliche Finanzierungsrunde gab, bei der Airbnb $1 Milliarde von renommierten Risikokapitalgebern bekommen hat. Das Wall Street Journal berichtet, dass diese neue Finanzierung teilweise aus Krediten besteht, die mit 10 Prozent p.a. verzinst werden und die (teilweise?) zu einer Bewertung von $18 Milliarden in Aktien gewandelt werden können. Die Details sind nicht veröffentlicht, aber es ist klar, das es sich damit wohl um eine in Silicon Valley so gefürchtete „Down Round“ handelt. Denn bei der letzten Finanzierungsrunde war AirBnB noch mit $35 Milliarden bewertet worden.

Der Umgang der Menschen miteinander

Auch fernab von wirtschaftlichen Veränderungen wird das Corona-Virus wohl bleibende Veränderungen im täglichen Umgang der Menschen miteinander hinterlassen. So wird zukünftig ein Händedruck oder eine Umarmung tatsächlich wieder das Zeichen einer echten Vertrautheit sein.

Die besonders unter Jugendlichen verbreiteten „Bro Hugs“ hingegen werden wohl der Vergangenheit angehören. Die Mehrheit der oberflächlichen sozialen Kontakte unter Menschen wird noch mehr als in der Vergangenheit online auf Basis der garantiert infektionsfreien Social Networks stattfinden. Für die jüngere Generation ist das allerdings keine große Veränderung. 😉

Viele Menschen werden künftig wohl die Schönheiten unserer Natur wieder mehr schätzen als zuvor. Wie wohltuend und besonders ein Spaziergang im Park oder der Sonntagsausflug zum Naherholungsgebiet doch sein kann, das erkennt man erst, wenn die Ausgangsbeschränkungen das #StayAtHome zur Norm machen und spontane Kurztrips mal eine Weile unmöglich waren.

Welt nach der Corona Pandemie – Fazit

Wir haben uns die Aufstellung unseres Portfolios für die Zeit nach der Corona Pandemie sehr genau angeschaut und sind der Meinung, dass The Digital Leaders Fund auch ohne große Depotumbauten auf die neue Ära sehr gut vorbereitet ist. Denn im Wesentlichen erleben wir einen Digitalisierungssprung in unserer Gesellschaft und quer über alle Branchen hinweg. Und es ist wenig verwunderlich, dass die Digital Leader dafür besonders gut positioniert sind.

Noch vorsichtiger als in der Vergangenheit werden wir beim Investment in die Sharing Economy sein. Für deren Geschäftsmodelle mit ihren typischerweise niedrigen Bruttomargen haben wir uns aber ohnehin nie wirklich begeistern können.

Weitgehend meiden werden wir zukünftig die Branchen Logistik, Öl- und Energie, Immobilien, Hotellerie, Luftfahrt und Touristik. Hier hatten wir jedoch auch in der Vergangenheit schon große Probleme, eindeutige Digital Leaders zu identifizieren.

Profiteure der Trends zum Homeoffice und weg von Geschäftsreisen sind z.B. Slack (Online-Collaboration-Tools), Pluralsight (E-Learning) und der Inbound Marketing-Anbieter HubSpot.

Vom notwendigen zügigen Ausbau der IT- und Internet-Infrastruktur dürften Arista Networks, Nutanix, Pure Storage, Ericsson und TSMC profitieren.

Den Digitalisierungssprung ermöglichen u.a. die Cloud-Softwarelösungen von Alteryx, Elastic und ZScaler.

Vom beschleunigten Trend zum bargeldlosen Zahlen profitieren u.a. Mastercard, Square, Alibaba und Tencent.

Derzeit recht günstig bewertete Social Networks wie Facebook, Twitter und Pinterest dürften gemeinsam mit The Trade Desk vom anhaltenden Online-Marketing Boom profitieren.

Wenn Du in Zukunft die genannten Digital Leaders weiter gemeinsam mit uns verfolgen willst, dann kannst Du Dich jetzt hier für unseren kostenlosen Newsletter anmelden.


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Autor

  • Stefan Waldhauser

    Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

Stefan Waldhauser

Stefan Waldhauser

Stefan war in seinem gesamten Berufsleben in der High-Tech-Industrie tätig. Er hat sein eigenes Software-Unternehmen gegründet, internationalisiert und vor einigen Jahren ins Silicon Valley verkauft. Der Wirtschaftsmathematiker investiert seit über 30 Jahren in Aktien. Er verwaltet eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der wikifolio Plattform.

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2 Antworten

  1. Vor allem wird ein Überwachungstaat etabliert und unsere Grundrechte geschliffen. Das ist allerdings alles schon vor der Pandemie angedacht wurden. Man wusste das nochmal eine Pandemie kommt die grössere Wellen schlägt und gewisse Möglichkeiten eröffnet. Für mich geht es jetzt in eine ganz ungute Richtung. Bin was Digitalisierung und Internet betrifft seit der ersten Stunde dabei……habe programmieren noch auf einem C64 gelernt….da bin ich 15 gewesen…..heute ein alter weisser Mann. Modell China darf und hat nichts im Westen zu suchen……die USA und ihre thinktanks….fürchten wohl Technologievorsprünge der Weltmacht China. Die Lösung kann alledings nicht sein den ihr dreckiges Überwachungsystem zu kopieren. Wir sind sollten die freie Welt verteidigen…zuminestens noch das was wir haben.

    https://norberthaering.de/tag/digitale-id/

  2. Lieber Stefan,
    wie immer hochinteressant, Deine Gedanken zu lesen!
    Wichtig finde ich bei der Frage „wer profitiert, wer leidet?“ die Unterscheidung in „nur temporär“ und „dauerhaft“. Denn bei nur temporären Profiteuren lohnt sich ja kein Investment, weil der Effekt auf den Unternehmenswert einfach zu klein wäre.
    Ich verstehe Dein Fazit so, dass Du die dort genannten Unternehmen langfristig / dauerhaft unter den Profiteuren siehst. Passt. Man könnte dann aber ja die Strategie verfolgen, sich zunächst auf die Unternehmen zu fokussieren, die zusätzlich auch schon kurzfristig profitieren, wie z.B. die Ausrüster der IT-Infrastruktur.
    Im Gegensatz dazu stünden z.B. die Werbe-Makler, die während der anstehenden Rezession erstmal leiden werden.

    Auch bei Pluralsight frage mich, ob in einer Rezession an Dingen wie Weiterbildung nicht auch erstmal gespart wird? Dennoch ist der Effekt, dass Menschen durch den jetzigen Zwang verstärkt auf E-Learning aufmerksam werden, sicherlich da und er dürfte angesichts der Vorteile (neben den gesparten Reisekosten auch die Möglichkeit des individuellen Lerntempos) nachhaltig sein.

    Bei der Logistikbranche frage ich mich, ob es evtl. Profiteure in Sachen Lagerlogistik geben könnte. Denn um Lieferketten robuster zu machen, könnte man einerseits regionaler produzieren, andererseits auch wieder Lagerpuffer einbauen, die temporäre Lieferschwierigkeiten abfedern könnten. Von einer Wiederauferstehung der Lager würden z.B. Jungheinrich und Kion profitieren.

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